#cordonhaus – Wie Künstler*innen mit der KI experimentrieren

„künstlich<echt>künstlich“ ist die erste Ausstellung in Ostbayern, die sich umfassend mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt. Bis zum 19. Januar 2025 zeigt die Städtische Galerie Cordonhaus Cham die Schau, für die Roul Kaufer Künstler*innen aus ganz Deutschland holte, von denen er sich vorstellen konnte, dass sie die Künstliche Intelligenz (KI) in ihre Arbeit integrierten. Seine Ausstellung mit neun Künstler*innen fragt: Wie verändert Künstliche Intelligenz (KI) die Kunst? Es ist die allererste Ausstellung in Ostbayern, die sich umfassend mit Kunst und KI beschäftigt.

Manche der beteiligten Künstler*innen experimentierten zum ersten Mal mit KI. Gemeinsam brachten sie sich beim Workshop im Technologie-Campus CHam der Technoschen Hochschule Deggendorf auf den neuesten Stand der Technik.

Kurator Raoul Kaufer, selbst Bildender Künstler fragt: Können Künstliche Intelligenzen Kunst erschaffen? Ist das, was sie hervorbringen überhaupt Kunst? Wenn ja, ist sie echt oder falsch oder schlicht ein Surrogat? Welche Art von Faktizität, Authentizität, Originalität, Individualität wohnt der Künstlichen Intelligenz inne? Und wie steht es mit Ausdruck, Stil, Autoren- und Urheberschaft der Künstler, die KI nutzen?

Mit der Ausstellung „künstlich<echt>künstlich“ im Cordonhaus eröffnet der Kurator neun ausgesuchten Künstler*innen aus ganz Deutschland die Möglichkeit, sich über diese Fragen miteinander sowie mit Besucher*innen auszutauschen. Experten steuern im Begleitprogramm wichtige Fakten, Trends und technische Innovationen bei.

Werke mit und ohne KI

Für die Ausstellung, die am 9. November in der Städtischen Galerie Cordonhaus eröffnet wird, wählte Raoul Kaufer Künstlerinnen und Künstler, die KI bereits in ihre Arbeitsroutine integriert haben oder das zum ersten Mal tun, aber auch Arbeiten aus ihrer künstlerischen Arbeit vor KI vorstellen. Daraus ergibt sich die große Spannung von „künstlich<echt>künstlich“. Besonders reizvoll an der Ausstellung ist die Gegenüberstellung von Arbeiten mit und ohne KI bei jedem teilnehmenden Künstler.

Mit und ohne KI

Zu den teilnehmenden Künstler*innen gehören so schillernde Persönlichkeiten, wie Boris Eldagsen (Berlin), der 2023 den Sony World Photography Award ablehnte, weil er ein KI-generiertes Bild eingereicht hatte. Seine heute ikonische Promptografie „PSEUDOMNESIA | The Electrician“ wurde zu einem der berühmtesten Bilder des Jahres. Eldagsen arbeitet mit Fotografie, Video, Installation und KI. Er ist Lehrbeauftragter und Gastprofessor an internationalen Bildungseinrichtungen und bekannt durch zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland.

Boris Eldagsen, PSEUDOMNESIA I | The Electrician, Promptografie, 2022, ©Boris Eldagsen, courtesy: Photo Edition Berlin
Boris Eldagsen, PSEUDOMNESIA I | The Electrician, Promptografie, 2022, courtesy: Photo Edition Berlin

Ornella Fieres (Berlin) schuf ein vollkommen künstliches Video, das Landschaften nach der Vorstellung der Künstlerin zeigt und dazu die Geschichte einer Familie erzählt. Alles, was sie zeigt, wurde von der KI nach ihren Vorgabe als Film umgesetzt. Ihre Landschaften sehen täuschend echt aus. Fieres‘ Thema ist eine Welt von gestern, gesehen durch die Brille der Algorithmen von heute. Sie bearbeitet Fotografien aus Nachlässen oder filmisches Archivmaterial mit Künstlicher Intelligenz und transferiert es so in die Gegenwart. Ihre Multimedia-Installationen wurden unter anderem im Centre Pompidou in Paris, an der School of the Art Institute of Chicago und im Kunstverein Speyer ausgestellt.

Ornella Fieres, It seems to capture the beauty and majesty of nature, 2023, ©Ornella Fieres,courtesy SEXAUER Gallery
Ornella Fieres, It seems to capture the beauty and majesty of nature, 2023, courtesy SEXAUER Gallery

Michael Franz (Berlin) legt einen Kalender mit Monatsblättern vor. Die nach seinen Prompts entstandenen Bilder der KI zeichnet er mit Buntstift nach und schafft so eine anregende Spannung zwischen analoger Technik und Künstlicher Intelligenz. Das Gros seiner Arbeiten handelt vom ästhetischen Zusammenspiel unterschiedlicher Arbeitstechniken. Dabei analysiert Franz sowohl gesellschaftliche, ökonomische und politische Entwicklungen wie auch die Herstellungs- und Vertriebslogik zeitgenössischer Kunst. Er lehrt an den Kunsthochschulen Leipzig und Nürnberg.  

Michael Franz, 2025 (Juni), 2024, ©Michael Franz
Michael Franz, 2025 (Juni), 2024

In einem großen Tableau stellt Johannes Franzen (Frankfurt a. M.) seine Arbeiten mit und ohne KI gegenüber. Das Auge ruht auf den verschiedenfarbigen Kühen und Bergen aus der Zeit bevor sich Franzen des Instruments der Künstlichen Intelligenz bediente und springt schließlich überrascht von einer KI-Kreation zur nächsten. Franzen macht sich das Prinzip des Generatoiven seit den frühen 2000er Jahren zunutze. Seit 2020 ist die generative KI zu sein bevorzugtes Werkzeug. Die daraus resultierenden konzeptuellen Werke überschreiten den Raum des Bildhaften. Franzen war Meisterschüler bei Peter Kubelka an der Städelschule in Frankfurt a. M. und in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland vertreten.

Johannes Franzen, alles+, 2023, ©Johannes Franzen
Alles KI: Johannes Franzen, alles+, 2023

Zita Habarta (München) hat sich in langen Experimentreihen am Computer einen digitalen Baukasten geschaffen, mit dem sie Informationen der uns umgebenden Welt transferiert, um daraus Neues zu entwickeln. Mit Hilfe der KI bringen ihre 2-D-Grafiken noch mehr Dreidimensionalität. Ihre Werke werden im In- und Ausland gezeigt.

Zita Habarta, ROD Cy-5#AI 33, 2024, ©Zita Habarta
Zita Habarta, ROD Cy-5#AI 33, 2024

Barbara Herold (München) gehört zu den Künstler*innen, die aus dem um die KI vergrößerten Werkzeugkasten schöpfen. Dabei wirken traditionelle Techniken nach. Durch ausgeklügelte Prompts generiert Herold die für sie so charakteristischen konstruktivistischen Bildwerke. Sie schöpft aus dem Vollen, wenn sie sie schließlich als Siebdrucke präsentiert. Barbara Herold arbeitet sowohl als Solo-Künstlerin als auch in Koproduktionen an den Schnittstellen von Mensch und Maschine, Natur und Künstlichkeit. Für ihre Simulationen und spielerischen Systeme nutzt sie Animation, Grafik, Installation und digitale Formate. Sie entwickelt unter anderem Apps für mobile devices, die u. a. als geobasierte Augmented-Reality-Installationen in München, Würzburg, Esslingen und Wien zu erleben sind. Ihre Medienkunst wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Barbara Herold, “SPACER” / HALF-CAB TS machine parts 2003, ©Barbara Herold / VG-Bild-Kunst, Bonn
Barbara Herold, “SPACER” / HALF-CAB TS machine parts 2003

Raoul Kaufer (Regensburg) hat für die Ausstellung einen Roboterarm von der KI programmieren lassen und seine eigenen Bewegungsmuster zugrunde gelegt. Jetzt agiert der um den Roboterarm imaginierte Maler (runder Kristallspiegel) zwischen Modell (Besucher*innen der Ausstellung) und Leinwand (Kristallspiegel auf Staffelei) hin und her und schafft sich seine eigenen Bilder. In einer weiteren Arbeit legt Kaufer der Bilderstellungs-KI Midjourney eigene computergenerierte Grafiken vor und weist sie an, Figuren daraus zu erstellen. Das Ergebnis ist eine phantastische Mode-Fotostrecke: Futuro-Retro. Diese stellt Kaufer nun ChatGbT vor, um den Figuren Namen zu geben und sie möglichst treffend zu beschreiben. Das Ergebnis ist ein weiterer Beitrag zu den Werkserien Kaufers, die durchweg auf Kenntnissen der Medien- und Kunstgeschichte, Philosophie, Semiotik und Ökonomie zurückgreifen – neuerdings mit KI. Er nutzt dafür sowohl analoge als auch digitale Techniken, die sich in unterschiedlichen räumlichen und sozialen Kontexten mittels Installationen, Interventionen, Bildern und Objekten spiegeln.

Raoul Kaufer, „FUTURORETRO_Model Olinara“, 2024, ©Raoul Kaufer
Raoul Kaufer, „FUTURORETRO_Model Olinara“, 2024

Michaela Lautenschlager (Regensburg) arbeitet in der Ausstellung mit einem interaktiven Gesichtserkennungstool, das Emotionen darstellt. Glückliche Gesichter, die sich der KI vorstellen, erscheinen in einem Rahmen aus überwiegend gelben Punkten. Verärgerte umkreist pures Stoppschild-Rot. Die vielseitig interessierte Künstlerin arbeitet mit digitalen Datenspuren (z. B. der Stadt Regensburg) und macht diese in Bild und Installation sichtbar. Sie studierte an der TU München Landschaftsarchitektur und absolvierte danach ein weiteres Studium als Kommunikationsdesignerin. 2021 erhielt sie das Stipendium „Junge Kunst und neue Wege“ des Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.

Michaela Lautenschlager, Bildwurzel, Serie Japan, Nr. 11, 2022, ©Michaela Lautenschlager
Michaela Lautenschlager, Bildwurzel, Serie Japan, Nr. 11, 2022

Roland Schappert (Köln) ist Essayis, Bildender Künstler und Musiker. Für seine Plattencover nutzt er regelmäßg die KI. Witzig, schräg und schön, was dabei herauskommt. Mit und ohne KI arbeitet im Spannungsfeld gesellschaftspolitischer Fragestellungen und beschäftigt sich u. a. mit der Bedeutung von Kunst, kreativen Prozessen und KI im gesellschaftlichen Wandel. Seiner Arbeit „Fiction“ mit der Anmutung eines Goldmosaiks liegt eine Kugelschreiber-Kritzelei zugrunde, die hochvergrößert wurde, bis die Pixel Mosaikgröße erreichten. Dafür war keine KI notwendig. Als Bildender Künstler entfaltet er mit analogen und digitalen Medien eine spezifische Bildwerdung der Schrift, die sich für Dialogvielfalt einsetzt. Parallel zu seinen Ausstellungen im In- und Ausland veröffentlicht er als Autor hybride Textformen, Lyrik sowie Essays, u. a. regelmäßig im Kunstforum International.

Roland Schappert, o. T. (FICTION), 2023, ©R. Schappert und VG Bild-Kunst
Roland Schappert, o. T. (FICTION), 2023

Beitragsfoto: Julia Weigl-Wagner

#donumenta – Mach Dich zu einer Wassernixe

REGENSBURG. Für das Dörnbergforum gestaltete die Frankfurter Künstlerin Tina Kohlmann eine imaginäre Wasserwelt mit sympathischen Wesen, die einen in die eigene Phantasie entführen. Bis zum 25. August 2024 gastiert das donumenta ART LAB on the Move mit dieser Installation im Dörnbergforum im neuen Stadtviertel an der Kumpfmühler Brücke.

Bei 30 Grad im Schatten wird sehr schnell klar, was Planer*innen auf dem dreieckigen Platz zwischen Geschäften und Restaurants im neuen Dörnberg-Viertel vergessen haben: Wasser. Tina Kohlmann, Künstlerin aus Frankfurt bringt zumindest eine Vorstellung davon auf den überhitzten Platz. Kuratiert von Antonie Angerer und Anna Eschbach gestaltete Kohlmann eine anregende und richtig coole Wasserwelt. Schon am Vorabend der Präsentation dieses schillernden Werks versammelten sich feiernde Abiturient*innen vor dem Kunstlabor, imaginierten sich selbst in die Wasserwesen, deuteten es als Avatare und fotografierten sich paarweise vor den illuminierten Wasserwesen. Mit seinen spiegelnden Augen sind sie wie gemacht dafür, sich selbst zu erkennen.

Bewusstsein für öffentlichen Raum

Das Dörnbergforum ist die 2. Station des Projekts, das Dialog und Begegnung in Stadtteilen außerhalb des UNESCO Weltkulturerbes fördert. Jeden Samstag zwischen 11.00 Uhr und 13.00 Uhr lädt der donumenta e.V. vor Ort zu Gesprächen. Die Themen setzen jeweils die Besucher*innen. Wie wichtig das ist, zeigen die Genehmigungsprozesse für die Kunst im öffentlichen Raum. Wer glaubt, dass es mit Anfragen bei der Stadt getan sei, weil er öffentliche Raum allen Bürger*innen gehört, irrt. Die Anfragen bei Investmentgesellschaften führen mitunter bis zu den Kaiman-Inseln. Mit seiner Arbeit will der donumenta e.V. ein Bewusstsein für die gemeinsamen Orte schaffen. „Die Stadt gehört uns“, sagt Regina Hellwig-Schmid, 1. Vorsitzende des Vereins. 

Kunst findet im Leben statt

Diese Auffassung teilen die Kuratorinnen Antonie Angerer und Anna Eschbach. Seit vielen Jahren geht es ihnen darum, mit dem Vehikel der Kunst, Orte für Begegnung und Experimente zu schaffen. „Kunst findet im Leben statt und nicht in White Cubes“, sagt Angerer. In Regensburg aufgewachsen, entwickelte die Kunstexpertin unter anderem in zehn Jahren Peking Strategien, um im öffentlichen Raum Passant*innen einzubeziehen, wenn es um die gesellschaftliche Bedeutung des öffentlichen Raums geht. Auch wenn sich Angerer bisher nicht vorstellen konnte, sich einmal für ein Projekt in Regensburg zu engagieren. Jetzt freut sie sich über das aufregende Heimspiel im Dörnbergforum. Das Konzept des donumenta ART LAB on the Move überzeugte sie. Gemeinsam mit Co-Kuratorin Anna Eschbach wird sie auch die 3. Station des donumenta ART LAB on the Move im Regensburger Osten konzipieren.

Tor in eine andere Welt

Mit Tina Kohlmann teilen die Kuratorinnen ihre große Neugier auf das Verborgene, auf das, was sich unter der Oberfläche befindet. Im Bild der Wasserwelt verschmelzen diese Aspekte miteinander. „Go make thyself like a nymph o‘ th‘ sea” (dt. Mach dich zu einer Wassernixe!), der Titel von Kohlmanns Installation ist Shakespeares „Sturm“ entlehnt. „Der Text beginnt mit der Anrufung der Kunst, die Veränderung bringen soll.“ So entschlüsselt Anna Eschbach die Bedeutung von Kohlmanns Werk.

Ihre gelb leuchtenden, sehr sympathischen, mal traurigen, mal heiteren, überlebensgroß wachenden Figuren mit ihren das Gegenüber reflektierenden Augen geben mannigfache Möglichkeiten, sich in sie hineinzuversetzen und sich selbst zu verwandeln. Dabei wirkt die Hülle, in die sie hineingestellt sind, das auf zwei Seiten transparente donumenta ART LAB on the Move, wie ein Portal, das Tor in eine andere Welt. Es lädt dazu ein, die Dinge mit anderen Augen zu sehen, aus einer neuen Perspektive wahrzunehmen. Dabei wirbt es um Respekt für andere Lebenswelten – funkelnd, warm und vielschichtig: Versuche es auch: „Mach Dich zu einer Wassernixe.“

Beitragsfoto: Von links: Die Kuratorinnen Antonie Angerer und Anna Eschbach, Künstlerin Tina Kohlmann und donumenta-Vereinsvorsitzende Regina Hellwig-Schmid. (Foto: Laura Bork)

#cordonhaus Männer, Frauen, Hund und Katz – Lisa Endriß und Klaus Effern

Sie sprechen miteinander als wären sie für einander gemacht. In der Ausstellung „Artenvielfalt“ in der Städtischen Galerie Cordonhaus in Cham führen mit Lisa Endriß (Malerei) und Klaus Effern (Skulptur) zwei Künstlergenerationen einen anregenden Dialog. Während der Bildhauer Klaus Effern das Material bändigt, bezieht die Malerin Lisa Endriß ihre Inspiration aus der täglichen Bilder- und Informationsflut. Auf Menschen und Tiere, Männer und Frauen in all ihren Merkwürdigkeit haben es beide abgesehen. – „Artenvielfalt“ ist eine Ode an das Lebendige.

Immer wieder beweist Kuratorin und Galerieleiterin Anjalie Chaubal, wie sich künstlerische Seh- und Arbeitsweisen ergänzen und zusammen mehr ergeben als die Summe ihrer Werke. „Artenvielfalt“ ist die erste gemeinsame Ausstellung der Malerin Lisa Endriß mit dem Bildhauers Klaus Effern. Für Anjalie Chaubal eine besondere Paarung: „Als schwinge sich das doppelbödig Paradoxe in der Malerei von Lisa Endriß zu den kraftvoll eigenwilligen Skulpturen von Klaus Effern in die dritte Dimension empor.“ ­– Regelmäßig verwandelt Chaubal die Städtische Galerie Cordonhaus Cham in Rauminstallationen. Flanieren zwischen Kunstwerken ist hier möglich, der Dialog mit der Kunst, den Künstlerinnen, Künstlern – und der Kuratorin.

Der Rapper mit Klaus Effern, Galerieleiterin Anjalie Chaubal und Mensch mit Tieren von Lisa Endriß.

Die Geschichtenerzählerin …

Wie sie darauf kommt, den Tiger ausgerechnet neben die rosahäutige, nur leicht bedeckte Dame zu legen. Beide liegen im Gras. Eine friedliche Szene, wäre da nicht das alarmierend rotbraun, weiß, schwarz gestreifte Fell des Tigers. Oder der Panther, der Menschen, einem Schwein und anderem Getier in eine Schlucht folgt. Mit ihrer Kunst erzählt Lisa Endriß Geschichten. In Philosophie und Kunsttheorie gut informiert, gehören ironische Brüche zu den Spezialitäten der Künstlerin. Sie schöpft aus dem Informationsnetz unserer Gesellschaft, filtert aus der täglichen Informationsflut Bilddokumente voller Widersprüche, immer auf der Suche nach den feinen Merkwürdigkeiten mit ihrer gewissen Doppelbödigkeit.

Das malerische Werk von Lisa Endriß zeigt Motive mit Menschen und Tieren oder auch Menschen hinter Masken. Das Thema Mensch und Umwelt behandelt sie, indem sie auch mal das Medium wechselt und etwa in einem Videoprojekt Männer und Frauen ihre utopischen Ideen zur Rettung der Welt erzählen lässt. 

Die Künstlerin wurde mit zahlreichen internationalen Stipendien und Preisen ausgezeichnet und gehörte in den 80er Jahre zur Künstlerinnengruppe „WeibsBilder“. Ihre Werke befinden sich in zahlreichen Sammlungen, darunter in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, in der Sammlung Götz, im Kunstmuseum Düsseldorf, in der Städtischen Galerie Regensburg, bei der BMW Group und bei der Hypo-Stiftung München.

… und der Materialbändiger

Als das „zusammengesetzt Lebendige“ bezeichnet Arie Hartog, Leiter des Gerhard-Marcks-Museums für Bildhauerei in Bremen, die Skulpturen von Klaus Effern. In seinen Holzfiguren arbeite der Bildhauer gleichzeitig mit und gegen das Material. Tatsächlich dürfte die dadurch erzeugte Spannung der wichtigste Grund für die eigentümlich lebendige Wirkung der Werke Klaus Efferns sein. Aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt, steht Efferns Hund nicht still. Neongrün angesprüht, läuft er jemandem oder etwas hinterher. Der Hund ist eine Ausnahme im Werk Efferns. Viele seiner anderen Figuren stehen trotz all ihrer inneren Bewegung still. Ebenso sein David, der zerfurcht mit einer Art Rüstung angetan nur noch entfernt an das Vorbild Michelangelos erinnert oder der moderne Morisk mit einem Kopf, der auch ein Tierkopf sein könnte.

Für seine in Holz arbeitenden Kollegen hat das Material die Konnotationen Block oder Stamm. Effern hingegen arbeitet mit der Technik der Montage. Seine Figuren entstehen aus rohen oder vom Künstler bereits geschnitzten Hölzern. Sie werden jeweils in unterschiedlichen Bearbeitungsphasen zusammengefügt und dann weiterbearbeitet. Die weiße Lasur, die den Arbeitsprozess abschließt, täuscht eine Einheitlichkeit vor. In Wirklichkeit scheinen die einzelnen Teile plastisch immer noch durch. Die Wirkung des Materials wird durch die weiße Lasur wortwörtlich unterdrückt. Umso mehr bricht sich das innere Wirken im Holz Bahn, das Reißen und Trocknen. Efferns Figuren stehen unter Spannung.

Der Holzbildhauer lernte sein Handwerk in Berchtesgaden, bevor er sein Studium an der Hochschule für Künste in Bremen aufnahm und schließlich Meisterschüler von Prof. Alfred Hrdlicka in Wien und Prof. Bernd Altenstein in Bremen wurde. Er gestaltet Kunst im öffentlichen Raum. Seine Werke waren und sind in zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen zu sehen.

Mit „Artenvielfalt“ zeigt das Cordonhaus die erste gemeinsame Ausstellung der Malerin Lisa Endriß und des Bildhauer Klaus Effern.

„Artenvielfalt“

Lisa Endriß – Klaus Effern

Städtische Galerie Cordonhaus Cham vom 23.06. bis 11.08.2024

Lisa Endriß

1978-88 Gruppe WeibsBilder 1989-95 Akademie der Bildenden Künste München bei Prof. Hans Baschang 1996-97 MFA Programme Vermont College, USA DAAD Jahresstipendium für New York, USA 2005 Fellowship Seaside Florida, USA 2016 Fellowship Yaddo, Upstate New York 2018 Nominierung für „Villa Romana Preis“, Florenz 2020 Fellowship Seaside Florida, USA

Einzelausstellungen (Auswahl)

2022 SFB TRR 294/1-424638267, Strukturwandel des Eigentums, Friedrich-Schiller-Universität Jena (K) 2019 Kunstraum Potsdam, Showtime Reloaded, Katalog 2018 Kasper König & Lisa Endriß Artisttalk & Performance, Münchner Kammerspiele, München 2017 Showtime, Laura Mars Gallery, Berlin 2015 AK68 – Kunstverein Wasserburg – David and Goliath for paradise now; Yaddo, New York, Rauminstallation 2012 Lisa Endriß – Odd stage 2, Laura Mars Gallery, Berlin 2011 Städtische Galerie Rosenheim (K) 2010 Galerie Seiler, München 2009 Kunstverein Schweinfurt; Kunstverein Landshut 2008 Odd stag, Laura Mars Gallery, Berlin 2007 Ballhaus Ost, Berlin; Galerie Bernd Kugler, Innsbruck 2005 Morsel Gallery, New York, USA 2001 A.R.T Gallery, New York, 1991 Kunstforum der Galerie im Lenbachhaus, München (K)

Klaus Effern

1967 geboren in Siegsdorf 1990-93 Ausbildung zum Holzbildhauer, Berchtesgaden 1993 Studium der Bildhauerei an der HfK Bremen bei Prof. W. Otto und Prof. B. Altenstein 1996 Arbeitsaufenthalt bei Prof. Hrdlicka, Wien 2000 Meisterschüler bei Prof. Altenstein 2000-03 Arbeitsaufenthalt in Berlin

2002 Lehrauftrag HfK Bremen Symposium Untersberg seit 2004 engagiert in der Bildhauerwerkstatt „Mauern-öffnen“ e.V.

Einzelausstellungen (Auswahl)2021 Inglorious Brazzbande, Kulturkirche St. Stephan, Bremen (mit Markus Keuler) 2016 „Father“, Lapua Art Museum (FI) 2015 St. Matthäus, Frankfurt a. Main 2014 Kulturkirche St.

#donumenta – Zeichnen mit Roboterarm

Der renommierten Patrick Tresset und seine Zeichen-Maschinen sind Gast des donumenta e.V. in Regensburg. Für die Inszenierung des französisch-belgischen Künstlers hatte sich Kuratorin Regina Hellwig-Schmid einen Raum gewünscht, in den man „von außen hineinschauen kann“. Jetzt können Groß und Klein ihre Nase am Schaufenster des Pop up-Raumes des Degginger in der Tändlergasse 18 plattdrücken und zusehen wie Kameraaugen rotieren, fokussieren und wie sich Roboterarme zeichnend über zweieinhalb Stunden auf Zeichenkarton bewegen. Allmählich entsteht so ein Tableau aus Roboterzeichnungen mit signaturähnlichem Strich in der linken unteren Ecke. Tressets Arbeiten sind auf der ganzen Welt zu sehen, darunter im Centre Pompidou in Paris, in der Tate Modern in London oder im Mori Museum in Tokyo.

Was das Kameraauge sieh
Auf drei historischen Zeichentischen ruhen die Apparaturen aus Roboterarmen und Kameraaugen. Vor weißen Wänden sind Tierpräparate aus dem Naturkundemuseum Ostbayern arrangiert: Reh, Eule, Biber, Eichhörnchen, Fuchs, Pfau, Iltis und Krähe. In der Mitte der Inszenierung ist ein memento mori aus Spielzeugrobotern, Totenköpfen und einer Muschel zu sehen. Die Tierpräparate stehen in dieser Inszenierung für Natur und Vergänglichkeit, während sie anmutig und spielerisch auf die Technik treffen.

Distanz zur Emotion 
Mit seinen Zeichenmaschinen ahmt Tresset menschliche Fähigkeiten nach. Die Faszination des Künstlers für Computer begann bereits im Alter von neun Jahren. Überwältigt von Spontaneität und emotionalen Momenten des künstlerischen Schaffens, wechselte er nach seinem Kunststudium am Goldsmith-College in London zum Technikstudium in das Department of Media. Für mehr Distanz zum eigenen Malprozess entwickelt er seit mehr als 20 Jahren Zeichenroboter.

„Der Roboter zeichnet einfach weiter, was er sieht“, sagt Tresset und lässt sich durch Spontaneität und Emotion nicht aus dem Konzept bringen. Das ist die Motivation, die Tresset dazu brachte das Zeichnen an den Roboter zu delegieren und ihm seinen eigenen Zeichenstil einzuprogrammieren. Heute verfolgt der Künstler mit großem Interesse, wie Menschen reagieren, wenn sie dem Roboter beim Zeichnen zusehen und die so erzeugten Werke später an der Wand betrachten. Als Regisseur, Dramaturg und technischer Mastermind seiner theatralischen Inszenierung bestimmt er das Geschehen zwischen den Zeichenrobotern und den Modellen. Seine Installationen zeigen einen möglichen Weg, die Technik zu beherrschen und sie konstruktiv einzusetzen.
#donumenta – Zeichnen mit Roboterarm
Der renommierten Patrick Tresset und seine Zeichen-Maschinen sind Gast des donumenta e.V. in Regensburg. Für die Inszenierung des französisch-belgischen Künstlers hatte sich Kuratorin Regina Hellwig-Schmid einen Raum gewünscht, in den man „von außen hineinschauen kann“. Jetzt können Groß und Klein ihre Nase am Schaufenster des Pop up-Raumes des Degginger in der Tändlergasse 18 plattdrücken und zusehen wie Kameraaugen rotieren, fokussieren und wie sich Roboterarme zeichnend über zweieinhalb Stunden auf Zeichenkarton bewegen. Allmählich entsteht so ein Tableau aus Roboterzeichnungen mit signaturähnlichem Strich in der linken unteren Ecke. Tressets Arbeiten sind auf der ganzen Welt zu sehen, darunter im Centre Pompidou in Paris, in der Tate Modern in London oder im Mori Museum in Tokyo.

Was das Kameraauge sieht
Auf drei historischen Zeichentischen ruhen die Apparaturen aus Roboterarmen und Kameraaugen. Vor weißen Wänden sind Tierpräparate aus dem Naturkundemuseum Ostbayern arrangiert: Reh, Eule, Biber, Eichhörnchen, Fuchs, Pfau, Iltis und Krähe. In der Mitte der Inszenierung ist ein memento mori aus Spielzeugrobotern, Totenköpfen und einer Muschel zu sehen. Die Tierpräparate stehen in dieser Inszenierung für Natur und Vergänglichkeit, während sie anmutig und spielerisch auf die Technik treffen.

Distanz zur Emotion 
Mit seinen Zeichenmaschinen ahmt Tresset menschliche Fähigkeiten nach. Die Faszination des Künstlers für Computer begann bereits im Alter von neun Jahren. Überwältigt von Spontaneität und emotionalen Momenten des künstlerischen Schaffens, wechselte er nach seinem Kunststudium am Goldsmith-College in London zum Technikstudium in das Department of Media. Für mehr Distanz zum eigenen Malprozess entwickelt er seit mehr als 20 Jahren Zeichenroboter.

„Der Roboter zeichnet einfach weiter, was er sieht“, sagt Tresset und lässt sich durch Spontaneität und Emotion nicht aus dem Konzept bringen. Das ist die Motivation, die Tresset dazu brachte das Zeichnen an den Roboter zu delegieren und ihm seinen eigenen Zeichenstil einzuprogrammieren. Heute verfolgt der Künstler mit großem Interesse, wie Menschen reagieren, wenn sie dem Roboter beim Zeichnen zusehen und die so erzeugten Werke später an der Wand betrachten. Als Regisseur, Dramaturg und technischer Mastermind seiner theatralischen Inszenierung bestimmt er das Geschehen zwischen den Zeichenrobotern und den Modellen. Seine Installationen zeigen einen möglichen Weg, die Technik zu beherrschen und sie konstruktiv einzusetzen.


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Patrick Tresset: Tableau aus Roboterzeichnungen
Information: Ausstellungszeitraum: 5.-30. Juni 2024, Mi-So, 14.00 – 19.00 Uhr, Pop up-Raum, Degginger, Tändlergasse 18, Regensburg Matinee & Podium mit Ausstellung der computergenerierten Zeichnungen von Patrick Tresset:
21. Juli 2024, 11.00 – 13.00 Uhr mit
Wouter Wahl (Leiter Naturkundemuseum Ostbayern),
Barbara Sophie-Höcherl (Künstlerin),
Elisabeth Peterlik (Künstlerin).
Moderation: Regina Hellwig-Schmid
Ort: Naturkundemuseum Ostbayern, Am Prebrunntor 4, 93047 Regensburg.

#donumenta – Kunst im gläsernen Container

„Wir bringen Kunst zu den Menschen.“ Mit dem Projekt „donumenta ART LAB on the Move“ bringt der donumenta e.V. Kunst an Orte, an denen kulturelle Angebote fehlen. In Königswiesen startet er mit dem Werk der Dresdner Künstlerin Patricia Westerholz – zur Freude der ganzen Nachbarschaft. – Jeden Samstag von 11 bis 13 Uhr lädt der Verein mit Brezen und Kaffee zum Gespräch.
 
Am Freitag war die Skulptur „Thinking like a Mountain“ im Beisein von Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer gefeiert worden. Maltz-Schwarzfischer lobte das Engagement des donumenta e.V. außerhalb der Altstadt. Christian Janele, Stadtrat, Immobilienmakler und Vertreter der Eigentümergemeinschaft am Theodor-Heuss-Platz, erinnerte daran, dass der Platz bis vor Kurzem als Parkplatz genutzt wurde. Kunst schlage Brücken zu Menschen unterschiedlicher Herkunft, bedankte er sich bei der Künstlerin Patricia Westerholz.

Kunst außerhalb der Altstadt
Regina Hellwig-Schmid, Vorsitzende und Kuratorin des donumenta e.V., freute sich über die Gastfreundschaft am Theodor-Heuss-Platz. Für sie gebe es nichts Schöneres als mit der Kunst an Orten zusammenzukommen, an denen man sonst aneinander vorbei gehe.
Seit „Thinking like a Mountain“ aufgebaut ist, streift kaum jemand ohne neugierige und fragende Blicke an dem quaderförmigen Kunstraum mitten auf dem Platz. Nachts leuchtet der gläserne Container verführerisch.

Geheimnisvolle Strukturen
Die gebürtige Landshuterin Patricia Westerholz machte sich mit Kunst im öffentlichen Raum einen Namen. Ihr Material ist der Papierstapel, in den sie hinein- und aus dem sie herausschneidet.

Skulptur von Patricia Westerholz

So entstehen geheimnisvolle Strukturen aus Schatten und Licht. Patricia Westerholz schafft dreidimensionale Objekte, die Glücksgefühle hervorrufen, wenn man sich in sie hineindenkt und immer mehr erkennt. Im öffentlichen Raum des Theodor-Heuss-Platzes in Regensburg sind es Buchstaben, die in dicke Platten geschnitten und in der Tiefe der gläsernen Box strahlenförmig angeordnet sind. Wer genau hinschaut, erkennt in diesem kunstvollen Arrangement aus Cutouts Buchstaben und liest den Titel des Werks – „Thinking like a Mountain“. Die Künstlerin erklärt ihre Inspiration so: Der amerikanische Förster und Wissenschaftler Aldo Leopold prägte die Idee, wie ein Berg zu denken und damit einen ganzheitlichen Blick auf die Umwelt zu lenken. Abgesehen davon assoziierte Westerholz die Bergmetapher beim Anblick Königswiesens hoch über der Domstadt.

Treffpunkt Kunst: Der donumenta e.V. lädt zu Kaffee, Brezen und zum Gespräch.


Bauernmarkt und barrierefreie Bushaltestelle
Die Skulptur erregt die Aufmerksamkeit der Königswiesener Nachbarschaft um den Theodor-Heuss-Platz, die in Einfamilien-, Reihen-, größeren Mietshäusern oder Senioreneinrichtungen lebt. Bei Kaffee oder Tee wird erzählt, wie es sich so lebt in Königswiesen Süd, dass ein Bauernmarkt schön wäre zwischen den Linden auf der einen und dem Hegenauer Park auf der anderen Seite. Dass es Bänke zum Ausruhen bräuchte, der Brunnen wieder fließen sollte und die Bushaltestelle barrierefrei besser wäre.

Samstagstreffen: 11:00 – 13:00 Uhr: 11.5., 18.5., 25.5., 1.6., 8.6.,15.6., 22.6.
Ausstellungszeitraum: 04.05.2024 – 23.06.2024

#cordonhaus Elektrisch und eklektisch – zwei Berliner Maler in Cham

Es gibt sie noch, die Malerei – trotz der medialen Bilderflut im Alltag des 21. Jahrhunderts. Die Bildkonstruktion mit Pinsel und Farbe auf Leinwand schafft eine besonders emotionale Begegnung mit dem Dargestellten, egal, ob figürlich oder abstrakt. Entscheidend ist die Wirkung der Malerei sowie ihre zeitgenössische Qualität. Axel Geis und Paul Wesenberg ist es mit ihren jeweils völlig unterschiedlichen Werken gelungen, diese neue Bildqualität zu formulieren. Die Ausstellung „The Third Element“ ist bis zum 16. Juni 2024 in der Städtischen Galerie Cordonhaus zu erleben.

In der Dynamik des Meltingpots Berlin entwickelten Axel Geis und Paul Wesenberg neue Positionen für die Malerei des 21. Jahrhunderts. Der Berliner Kurator und Kunstkritiker Christoph Tannert beschreibt die Großstadt seit dem Mauerfall als „Pluriversum höchst unterschiedlicher ästhetischer Perspektiven“. Dabei nehme die Malerei in diesem System eine ausgesprochen wichtige Position ein – mit Axel Geis und Paul Wesenberg als deren „typische Protagonisten“.

Für eine neue Erfahrung mit der Malerei

Während Geis im Rückgriff auf Kunst- und Kulturgeschichte in der Manier eines post-, postpost- oder neo-modernen Künstlers gestaltet, experimentiert Wesenberg auf der Leinwand zwischen Zwei- und Dreidimensionalität.

Die Bilder von Axel Geis sind ein Destillat aus der Geschichte der Malerei. Geis mischt das Romantische, Geheimnisvolle, Situative und Subjektive. Die Körperhaltung seiner Figuren reflektiert das Innere, die Gefühle, das Dasein. Dabei greift Geis auf Topoi aus Film- und Kunstgeschichte, Literatur und Popkultur zurück. „Beim Versuch zu kopieren geht einiges schief“, bekennt Axel Geis augenzwinkernd: „So entsteht mein Bild.“ – Eklektisch zeigen seine teils großformatigen Werke einen viruosen Strich.

Paul Wesenbergs Werk changiert zwischen der hochreflektierten Position als Maler und einer großen Lust, sein Bild möglichst wirkungsvoll zu präsentieren. Zwischen diesen Polen oszilliert seine Arbeit auch formal. Mal abstrakt, mal konkret, mal pastos, mal transparent bietet die Leinwand dem Maler unendlich viele Möglichkeiten im Dialog mit seinem Publikum.  Als Krönung seines experimentellen Spiels mit dem Malgrund dringen Wesenbergs Bilder in den Raum vor. In so enannten Wunderbildern kehrt Wesenberg um, was malerei bisher bedeutete. Betrachterinnen erkennen Bildisse und Farbe in den Rissen einer Leinwand. Wesenberg spielt mit Bilderwartungen, kehrt Gewissheiten der Bildbetrachtung um. Schließlich führt er den Beweis, dass Farbe schweben kann – mittels Elektrizität, mittels Induktion. Als Objektkästen oder Installationen schweben seine Bilder schließlich über dem Boden, statt an der Wand zu hängen – für eine neue Erfahrung mit der Malerei.

Axel Geis

Seine malerische Haltung entwickelte Axel Geis (*1970 in Limburg/Lahn) an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe und an der Kunsthochschule in Mainz. Das Werk des Berliner Malers befindet sich in öffentlichen und privaten Sammlungen, darunter des Musée National d’Art Moderne Centre Pompidou in Paris. Es ist in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland zusehen.

Paul Wesenberg

Paul Wesenberg (*1973 in Minsk, Belarus) studierte zunächst an der Hochschule für Kunst in Minsk und später an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. Wesenberg arbeitete in Finnland, Schweden und Deutschland als Werbegrafiker für große Marken wie Samsung oder Hugo Boss. Das Werk des Berliner Malers ist in Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zu sehen.

Städtische Galerie Cordonhaus Cham, Propsteistr. 46, 93413 Cham

Tel.: 0941 8579-420, http://www.cordonhaus-cham.de

Öffnungszeiten Mi – So und Feiertage 14 – 17 Uhr, Do 14 – 19 Uhr

Annäherung an das Florale – Der Maler Jörg Schemmann und der Fotograf Günther Derleth in Eichhofen

In der Alten Mühle in Eichhofen treffen im Mai zwei bildnerische Positionen des Floralen aufeinander, ein Maler und ein Fotograf, Jörg Schemann und Günter Derleth. In der aktuellen „Lichtung – Das Ostbayerische Magazin“ (2/2024) ist jetzt mein Text über die beiden Künstler erschienen.

Zwei Künstler zelebrieren Blühendes

Jörg Schemmann (*1959 in Hagen) malt mit Pinsel, Günter Derleth (*1941 in Nürnberg) mit Licht. Erst scheint es so, als hätten die beiden Künstler nichts miteinander zu tun. Doch so unterschiedlich ihr Weg zum Bild auch sein mag, sie schulen unsere Sehweise, mahnen unsere Augen mal in die Ferne zu schauen, um dann wieder zu fokussieren, verführen uns dazu, den jeweiligen Gegenstand loszulassen, um ihn gleich wieder einzufangen oder aber – draufzubleiben, lange, um zu sehen, was passiert.

Während ich versuche, das Wesentliche der beiden Positionen zu ergründen, schiebt sich vor mein geistiges Auge ein Bild, das mir in Japan begegnet ist. Auf einer Hochebene in den japanischen Alpen steht eine begehbare Lochkamera aus verwittertem Holz. Sie ist das Relikt eines Foto-Workshops für Kinder. Ein kleines Loch in der dunklen Kammer gibt den Blick frei auf das malerische Motiv mit Bergen, einem See, Sträuchern, Bäumen und Blumen. Diese unbeschreiblich schöne Landschaft hat nur einen Makel. Sie steht auf dem Kopf.

Vielleicht liegt in dieser begehbaren Lochkamera in Japan der Schlüssel zum Verständnis der beiden Positionen, die Daniela Schönharting, Kuratorin der Mühlenkunst verbindet. Beide zelebrieren in der ehemaligen Kunstmühle Blühendes – anmutig und doch frei von jeglicher Überhöhung. Beide bedienen sich einer gewissen Unschärfe, um den Charakter ihrer Motive zu erfassen. Bei beiden scheint die Zeit still zu stehen. Das wirkt hinein ins Betrachten.

In den 90er Jahren verließ der gelernte Werbefotograf Günter Derleth die Welt der hochglänzenden Tiefenschärfe, um sich dem Ursprung der Lichtbildnerei zu nähern. Derleths Fotogramme und Camera obscura-Arbeiten zeigen große Tiefe und leise Bewegung. Palmkohl, Rosenkohl, ein Christrosenblatt – ausgebreitet auf lichtempfindlichem Papier, fotografieren und entwickeln sich diese Motive selbst. Nach fünf Tagen „erntet“ der Fotograf. Die verwunschen verwischte Vergänglichkeits-Ästhetik seiner Stillleben erzielt Derleth mit Lochkamera und zehn Minuten Belichtung, festgehalten unter anderem im prämierten Band „… immer viel Licht“, ausgezeichnet in der Kategorie der besten Independent Bücher mit dem Deutschen Fotobuchpreis 23/24 in Silber. Wegen der besonderen Körnung des abgelaufenen Films ähneln Derleths Blumenstilleben nur auf den ersten Blick denen des Langzeitextremisten Michael Wesely.

Günther Derleth: Blumenstrauß, Langzeitbelichtung mit der Lochkamera

Den Zauber der Natur preisen ebenso Jörg Schemmanns Bildwerke. Die frühen Arbeiten des Künstlers charakterisiert das schattenlos Unendliche, großformatig ins Bild gesetzter, himmelwärts strebender Kiefern. Es folgten Landschaften, Berge und – Blühendes. Zier-Johannisbeere, Begonie, Kirschblüten oder Waldreben setzt Schemmann in einer Malweise auf Leinwand oder Papier, die sucht und findet. Der Betrachter nimmt sowohl den Prozess als auch das fertige Gemälde wahr, weil am Ende alles eins ist, Harmonie und Begegnung mit der Natur. Von Weitem wirken Schemmanns Werke wie Fotografien. Erst bei näherem Hinsehen wird deutlich, wie sehr sich der Künstler im Malprozess vom Gegenstand entfernte, um ihm schließlich auf der Suche nach seinem Wesen, Schicht für Schicht in unverkennbarem Strich wieder zu begegnen.

Ausstellungseröffnung am Sonntag,
12. Mai 2024 um 11 Uhr

Dauer der Ausstellung 12. Mai bis 9. Juni 2024

Alte Mühle Eichhofen

Beitragsbild: Jörg Schemmann: Kirschblüte, 2023, Acryl auf Leinwand, 90 x 150 cm, Foto Herbert Stolz, Regensburg

Werden und Vergehen mit allen Sinnen erleben – Rauminstallation in Cham

CHAM. Vom Werden und Vergehen erzählt die große Rauminstallation von Andreas Feist, Mariko Takahashi und Stefan Winter im Cordonhaus in Cham. Skulptur, Klang und Video reflektieren dabei Gesellschaftspolitik, Leben und Tod ebenso wie die Geschichte des Gebäudes, in dem heute die Städtische Galerie untergebracht ist.

Der ehemalige Zehentstadel der Reichenbacher Propstei war zur Zeit der französischen Revolutionskriege Soldatenunterkunft und Glied (Cordon) in einer Kette von militärschen Stützpunkten. Die Rauminstallation „Eine letzte Generation – See- und Klangwelten“ ist exakt auf die Gegebenheiten im Cordonhaus abgestimmt. Ihre Komplexität bedient alle Sinne.

Wer von der Straße aus den Hofraum des Cordonhauses betritt und die Treppe hinaufsteigt zu den Ausstellungsräumen, wird vom Geräusch des tosenden Meeres und schreiender Möwen begleitet. Verträumt landet er bald auf dem Boden einer klebrigen Wirklichkeit. Sie mag die Verbindung herstellen zwischen dem Ausstellungstitel „Eine letzte Generation – See- und Klangwelten“ und der „Letzten Generation“, die zwar inzwischen aufgehört hat, sich festzukleben, an der aber das Synonym Klimakleber noch Generationen kleben bleiben wird. Auf klebriem Boden also, verzerrt abgebildet in spiegelnden Wänden, bewegt sich der Mensch mühsam weiter. So wird ihm das Kreatürliche seiner Existenz bewußt. Wellen schlagen ihm entgegen, während er sich auf einem Steg weiterbewegt …

Feine Bildsprache

In der Konzeption ihres Gemeinschaftswerks überließen Feist, Takahashi und Winter kaum etwas dem Zufall. Allerdings, die Platten aus denen der Steg besteht, der das Publikum durch die Ausstellung führt, dienten in ihrem ersten Leben als Schalungsplatten für den Betonkörper des Kühlturms beim Kernkraftwerk OHU II. Was für ein Zufall, denn natürlich passt das alles zur feinen Bildsprache des Bildhauers Andreas Feist und der Klang- und Videokunst von Mariko Takahashi und Stefan Winter.

… Über diesen Steg also gelangen Besucherinnen und Besucher in Andreas Feists Meer aus 1.300 Bögen handgeschöpften Papiers, die akkurat zu Dächern gefaltet und in die Fugen des charakteristischen Cordonhaus-Fliesenbodens gesetzt wurden. Blau und weiß kommt uns dieses Kunst-Meer in den Farben von ruhigem Wasser und Gischt entgegen, während die Acht-Kanal-Soundinstallation aus den Lautsprechern von Takahashi und Winter vom Ursprung des Lebens erzählt.

Szenen eines Schiffbruchs

Im gegenüberliegenden Raum zeigen Winter und Takahashi ihre Drei-Kanal-Video-Installation in zufälliger Reihenfolge. Sie nennen diese „Szenen eines Schiffbruchs“, in der sie die kraftvollen Bilder aus der Kunst- und Filmgeschichte wie Caspar David Friedrichs „Mönch am Meer“, Théodore Géricaults „Das Floß der Medusa“ oder Werner Herzogs „Fitzcarraldo“ nachstellen. Aufnahmen von Explosionen auf der Oberfläche der Sonne und dem westlichsten Punkt Europas mischen sich mit den sonoren Klängen der Erde, aufgenommen von der Raumfähre „Challanger“ und bereitgestellt von der NASA. Blau vermittelt in diesem Raum Distanz, Weite und Unendlichkeit, das Unbewusste, das Unbekannte, die Sehnsucht und die Klarheit. So allegorisch ruhig dieser Raum zunächst auch wirken mag, es entwickeln sich in ihm blutige Szenen:

„Ein Wanderer seht einsam am Strand und blickt in die Ferne. Im blutigen Sand (…) sind Umrisse von Menschen zu erkennen. Ein gestrandetes Boot liegt im Sand. Ein Körper sinkt in die Tiefe, driftet ins Blau, als würde er emporsteigen. Wellen schlagen gegen Felsen, tosen nach oben ins Firmament, wo in tiefschwarzer Nacht ein Feuerball aufglüht. “ – So beschreiben Mariko Takahashi und Stefan Winter ihr sehr komplexes und anregendes Werk, entstanden unter der Kuratie von Galerieleiterin Anjalie Chabal.

Städtische Galerie Cordonhaus Cham
10.03. bis 21.04.2024


















#cordonhaus Rudi Trögers dichte Bildsprache

Die Stadt Cham zeigt die starke Position eines stillen Malers Rudi Tröger (*1929). Bis zum 25. Februar 2024 präsentiert die Ausstellung „Rudi Tröger – Ausblicke und Innenschau“ 56 Arbeiten aus 7 Schaffensjahrzehnten des langjährigen Münchner Akademie-Professors. „Tröger ist ein herausragender Maler. Es ist selten und außergewöhnlich, dass man so etwas sieht“, freut sich Anjalie Chaubal, Leiterin der Städtischen Galerie Cordonhaus Cham. In ihrer Einführung bei der Ausstellungseröffnung lässt sie den Künstler selbst zu Wort kommen:

„Der Entstehungsprozess ist mir grundsätzlich wichtiger als das Resultat. Ein relativ ›abgeschlossenes‹ Bild kann durch kleinste Veränderungen wieder neu angetrieben werden; es muss so lange angetrieben werden, bis es sich allein bewegt. […] Im Arbeitsvorgang werden ohne Vorzeichnung einer bestimmenden Form, vom kleinsten Wert ausgehend, der von Anfang an die Fläche zum Schwingen bringen muss, Farbwerte verwoben, immer darauf bedacht, keine Durchbrüche zu dulden, durch dauerndes Verändern und Überlagern des Entstehenden, bis eine Verdichtung, ein Bildkörper, eine Bildhaut entstanden ist.“

Rudi Tröger über seine Malerei

Magische Szenerie von Rudi Tröger. Der 1. Bürgermeister der Stadt Cham, Martin Stoiber, und Anjalie Chabal eröffneten die Restrospektive des Künstlers. (Foto: Julia Weigl-Wagner)

Die Stadt Cham übertrug mir die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für diese Ausstellung. Ich danke Anjalie Chaubal für die schöne Zusammenarbeit und den Zugang zu dieser großartigen Malerei.

Städtische Galerie Cordonhaus Cham, Propsteistr. 46, 93413 Cham

Tel.: 0941 8579-420, http://www.cordonhaus-cham.de

Führungen an den Sonntagen, 26. Dezember 2023, 28. Januar 2024, 25. Februar 2024 jeweils 14 Uhr

Öffnungszeiten Mi – So und Feiertage 14 – 17 Uhr, Do 14 – 19 Uhr

geöffnet: 26.12. (2. Weihnachtsfeiertag), 01.01.2024 (Neujahr), 06.01.2024 (Hl. Dreikönige)

geschlossen: am 24./25.12. (Weihnachten), 31.12. (Silvester)

#lebensgeschichte – Wie Inschriften sich in ein Leben einschreiben

Es muss um das Jahr 1990 gewesen sein. Ich begegnete Walburga Knorr im Stadtarchiv Regensburg. Die Kunsthistorikerin forschte schon damals, vor mehr als 30 Jahren, an mittelalterlichen Inschriften in Regensburg. In der Schriftenreihe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erschienen Band I, Band II, Band III und jetzt Band IV. Jedesmal kämpfte Walburga Knorr um die Anschlussfinanzierung des anspruchsvollen Forschungsprojekts, diesem bedeutungsvollen Schlüssel für die Geschichte Regensburgs. Was für eine Energie, was für eine Leidenschaft für Inschriften in Glocken, Grabsteinen, Steinfriesen oder mittelalterlichen Tragaltären. Glückwunsch zu dieser Arbeit. 

Die Inschriften der Stadt Regensburg. IV das Kollegialstift unserer lieben Frau zur Alten Kapelle, gesammelt und bearbeitet von Walburga Knorr und Werner Mayer, 2023, 314 Seiten, 69,- Euro, ISBN 978-3-7520-0715-2