Warum sie sich für ein Bauwerk des Brutalismus interessiert, hat mir Luiza Margan, Künstlerin aus Kroatien, in einem Interview erklärt. Sie hat sich mit dem Wirsing-Turm am Regensburger Ernst-Reuter-Platz beschäftigt, der vor wenigen Monaten abgerissen wurde und den öffentlichen Raum zwischen Bahnhof und Altstadt definierte. – Die Ausstellung „Geliebtes Monster / Beloved Monster“ ist vom 10. Juli bis zum 16. August jeweils mittwochs bis sonntags von 14 bis 19 Uhr im donumenta ART LAB Gleis 1 am Regensburger Hauptbahnhof zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Wie kommt es, dass Du Dich mit dem Wirsing-Turm beschäftigst?
L.M.: Als ich zum ersten Mal in Regensburg war und mich mit dem donumenta ART LAB Gleis 1 vertraut machte, überraschte mich dieses Gebäude sehr – seine markante Gestalt und Gegenwart. Auch von der Höhe her unterschied es sich von den historischen Gebäuden im Zentrum der Stadt, obwohl man deutlich sehen konnte, dass es selbst eine kraftvolle Geschichte hat.
Hans Simon-Pelanda von der donumenta erzählte mir diese Geschichte und davon, wie der Plan, es abzureißen zahlreiche Bürger*innen mobilisierte, sich für den Erhalt dieses architektonisch herausragenden Bauwerks zu engagieren und es einer neuen Nutzung zuzuführen.
Woher kommt Dein Interesse für Architektur?
L.M.: In meiner Arbeit untersuche ich die Beziehung zwischen dem privaten und dem öffentlichen Raum. Ich frage mich wie der öffentliche Raum und kulturelle Identitäten durch historische Narrative und ideologische Überhöhungen entstehen.
Architektur und Stadtplanung, Denkmäler und Straßennamen sowie Bürgerinitiativen für den Erhalt von öffentlichen Räumen spielen hier eine bedeutende Rolle.
Als Gesellschaft entscheiden wir darüber, was stehen bleibt und was zerstört wird. Es stellt sich die Frage, welche Werte damit verbunden sind. Die Entscheidung, diesen Turm abzureißen, begleiten Konflikte. Für mich ist diese Spannung interessant: Stehen lassen oder abreißen? Diese Spannung gestaltet den öffentlichen Raum und um diese Spannung geht es in meiner Arbeit. Ich persönlich bevorzuge eher eine „grünere“ Haltung und den Erhalt wertvoller Architektur der Vergangenheit in neuer zeitgemäßer Nutzung. Dadurch entsteht eine reiche und lebendige Stadtlandschaft.
Hat das etwas mit Deiner Biografie zu tun?
L.M.: Ich wuchs auf im Prozess der Auflösung Jugoslawiens und der sich im Anschluss formierenden nationalen Identitäten. Diese Verwandlung ist ein stetiger Prozess, der im öffentlichen Raum gut beobachtet werden kann. Sogar Beispiele weltweit anerkannter Architektur und Monumente der jugoslawischen Epoche werden nicht wahrgenommen oder zerstört, Denkmäler des antifaschistischen Kampfes und Straßennamen ausradiert. Der Kapitalismus eignet sich den öffentlichen Raum an und viele Bürger- und Kulturinitiativen stellen sich dagegen.
Du setzt „Geliebtes Monster“ mit Metall- und Beton-Teilen um? Wie arbeitest Du mit diesen schwer zu bewegenden Materialien?
L.M.: Es ist mir wichtig, dass ich diese Materialien selbst bewegen kann. Alle Betonteile in der Ausstellung sind zwar schwer, aber ich kann sie noch selbst bewegen. Bei den größeren Bauteilen arbeite ich mit Helfern. Meine Idee ist es, die Materialien auf eine Art zu arrangieren, die ihre Geschichte zeigt und gleichzeitig eine neue Räumlichkeit entstehen lässt.
Danke für das Gespräch, Luiza.
Foto: donumenta / Regina Hellwig-Schmid.