#lebensgeschichte – in memoriam Max Bresele

Seit 1999 vergibt die Internationale Kurzfilmwoche Regensburg den Max-Bresele-Gedächtnispreis für einen politisch besonders relevanten Kurzfilm. Neben dem Preis gibt es heuer eine Ausstellung. Sie wurde am Mittwoch mit einer Lesung aus meiner jüngst erschienenen Künstlerbiografie „Idyllenstörer Max Bresele“ eröffnet.

Neugierige, Bresele-Fans und -Gefährten kamen ins M26 in die Regensburger Maximilianstraße, um Assemblagen, Skulpturen, Filme, Objektkästen und einen Teppich des Oberpfälzer Künstler zu sehen. In der Lesung aus ihrem jüngst erschienenen und vom Kunstverein Weiden herausgegebenen Werk „Idyllenstörer Max Bresele“ konzentrierte sich Autorin Julia Weigl-Wagner auf das filmische Schaffen Max Breseles im Zusammenhang mit dem WAA-Widerstand in den 80er Jahren im Landkreis Schwandorf. Besonders beeindruckend, wie Bresele zu Beginn der 80er Jahre einen Film im Taxöldener Forst vorführte, dem designierten Standort einer WAA im oberpfälzischen Wackersdorf.

Foto rechts: Amrei Keul und Gabriel Fieger (r.) (Internat. Kurzfilmwoche Regensburg), Wolfgang Herzer, Kunstverein Weiden e.V. und Julia Weigl-Wagner (Fotos: Jakob Lechner)

aus dem Kapitel „Hinter der Kamera gegen die Atomfabrik“

„Es ist Herbst 1983. Zwischen Nabburg und Burglengenfeld spricht sich herum, dass Max Bresele nach Einbruch der Dunkelheit im Taxölde­ner Forst einen Film vorführen wird. Wer Max kennt, macht sich auf ein Experiment gefasst.

In der Abenddämmerung hantiert Max Bresele mit Mütze und fingerlosen Handschuhen
an Notstromaggregat, Filmprojektor und Leinwand. Jemand hilft ihm. Aus Nabburg, Schwandorf und Burglengenfeld kommen ein Dut­zend Freundinnen und Freunde, um mit Max eine Filmpremiere zu feiern. Eine Flasche Wein wird herumgereicht. Jetzt rattert das Notstromaggregat, um Maxens Filmprojektor mit Strom zu versorgen.

Auf seinen Streifzügen über Flohmärkte und entlang der Straßen, an denen sich Sperrmüll stapelt, findet Max Filmmaterial. Manchmal sucht er danach und durchforstet die Kleinanzeigen von Tageszeitungen. Schließlich schöpft Max aus einem riesigen Fundus,
den er bis zur Unkenntlichkeit bearbeitet. Er zerkratzt die Idylle von Heimat- oder Familienfilmen, tilgt den Inhalt von Lehrfilmen. So eignet er sich das erworbene Filmmaterial an. Es ent­stehen Filmsequenzen, die das Innerste des Künstlers reflektieren.

Im Taxöldener Forst leuchten Kratzspuren auf belichtetem Celluloid in grellem Weiß in den Wald hinein. Gleichzeitig ertönt ein Kreischen, dann wieder ein Kratzen und Ächzen, so als finde nicht nur Max eine Form für den Schmerz, sondern auch der Wald, dessen Tage gezählt sind. Bald wird er den Rodungsmaschinen zum Opfer fallen, die den Taxöldener Forst für den Bau einer Atomfabrik vorbereiten. 120 Hektar Kiefernwald wird die Indust­riegesellschaft dort abholzen.“

aus: Weigl-Wagner, Julia: Idyllenstörer Max Bresele, herausgegeben vom Kunstverein Weiden e.V., 2025, 104 Seiten mit ca, 30 Abbildungen, erhältlich beim Kunstverein Weiden als Paperback 14,99 Euro (ISBN 978-00081-665-9) und E-Book 7,99 (ISBN 978-3-384-53366-1) – erhältlich beim Kunstverein Weiden und im Buchhandel.

Cover "Idyllenstörer Max Bresele" Gestaltung Florian Toperngpong
Cover „Idyllenstörer Max Bresele“ Gestaltung Florian Toperngpong

Bei der Internationalen Kurzfilmwoche in Regensburg läuft einer von Breseles „Filmen gegen den Krieg“ in der Ausstellung im M 26, Maximilianstraße 26, Regensburg noch bis zum 30. März 2025.

Kunstverein stiftet Preis

Am Mittwoch, 26. März um 18.00 Uhr in der Filmgalerie, Bertoldstraße 9, Regensburg, wird der Max-Bresele-Gedächtnispreis in Höhe von 1.000 Euro für eine politisch besonders relevanten Kurzfilm vergeben. Gestiftet wurde der Preis wie in den vergangenen Jahren vom Kunstverein Weiden e.V., der den Nachlass des Künstlers verwaltet.

Beitragsfoto: Thomas Dobler

# lebensgeschichte – Max Bresele: Utopist und Idyllenstörer

Max Bresele und Wolfgang Herzer in Uckersdorf

Biografie des Bildhauers Max Bresele / herausgegeben vom Kunstverein Weiden e.V. / verfasst von Julia Weigl-Wagner / Herzliche Einladung zur Buchvorstellung am 19. März 2025 um 18.00 Uhr, M26, Maximilianstraße 26 in Regensburg im Programm der Internationalen Kurzfilmwoche Regensburg.

„Idyllenstörer Max Bresele“ – unter diesem Titel erschien jetzt meine Biografie des oberpfälzer Künstlers Max Bresele (1944 – 1998), herausgegeben vom Kunstverein Weiden e.V. Bresele war Künstler, sein Leben ein Kunstwerk. Der Bildhauer, Filmemacher und Assembleur verarbeitete, was er fand. So manche Idylle durchkreuzte Bresele mit breitem Stift, Skalpell oder Scharfkantigem vom Schrottplatz. Sein Œuvre richtet sich gegen Krieg und Konsum.

Mitgestalter einer Ästhetik des Widerstands

Auf die Frage, wer Max Bresele war, formuliert Wolfgang Herzer, Vorstand des
Kunstvereins Weiden, zumindest zwei Perspektiven auf den Künstler: „Durch die eine Brille sieht man eher den sozial aus-dem-Ruder-geratenen Menschen, der sich mit Kunsthandwerk über Wasser hält. Eine andere Brille offenbart einen Kunst-Utopisten, der aus seiner Vision ernst macht.“ Bresele, der gelernte Offset-Drucker, war dadaistisch radikal. Wie kein anderer in der Oberpfalz repräsentiert er die Kunstströmungen der 70er und 80er Jahre. Er war Mitgestalter der Ästhetik des Widerstandes am Bauzaun der in Wackersdorf bei Schwandorf geplanten Wiederaufbereitungsanlage atomarer Kernbrennstäbe aus Atomreaktoren (WAA).

Ein Stall als Behausung

15 Jahre lang lebte er am Rande einer Öko-Land-Kommune in einem aufgelassenen Stall. Dieses Gebäude war bis zu seinem Tod 1998, eingebettet in eine Garten-Wildnis, nicht nur Produktionsstätte von Gemälden, Büchern, Möbeln, Objektkästen, Dada-Fahrzeugen (Karren der Depression), Filmen, Musikstücken, Assemblagen, absurden landwirtschaftlichen Werkzeugen und vielem anderen. Dieser Stall war auch Behausung eines Lebens aus dem Geist der Kunst.

Nach seinem Tod rettete der Kunstverein Weiden das Werk des Aussteiger-Künstlers vor der Vernichtung und wurde dessen Nachlassverwalter. Mehr als 1.000 Artefakte Breseles lagern in einem Speicher in Etzenricht bei Weiden. Beim Kunstverein Weiden e.V. ist ein provisorisches Max-Bresele-Museum mit Gemälden, Objektkästen, und Skulpturen eingerichtet. Auch im Kunstpartner GbR-Schaulager von Wilma Rapf-Karikari und Ingo Kübler

in Adlmannstein (www.kunstpartner.eu) finden Interessierte eine Reihe von charakteristischen Bresele-Werken.

Weigl-Wagner, Julia: Idyllenstörer Max Bresele, hrsg. v. Kunstverein Weiden e.V., 2025 – 104 Seiten mit Abbildungen als Paperback, 14,99 Euro (ISBN 978-3-00081-665-9) und E-Book 7,99 Euro (ISBN 978-3-384-53366-1) – zu beziehen über Kunstverein Weiden e.V., Ledererstraße 6, 92637 Weiden, Telefon 0151 61481710 E-Mail info@kunstvereinweiden.de oder den Buchhandel.

Titel der Max-Bresele-Biografie (Gestaltung Florian Toperngpong)