#donumenta – Kunst von Alexander Rosol leuchtet mit Sonnenstrom

Alexander Rosol und Regina Hellwig-Schmid bei der Vernissage von "Space Shifter"

#donumenta – Kunst von Alexander Rosol leuchtet mit Sonnenstrom

Mit „Space Shifter“ im mobilen donumenta ART LAB on the Move gelang dem donumenta e.V. eine völlig autarke Stromversorgung. Bis zum 26. Juli leuchtet das Werk Alexander Rosols an der Aussiger Straße mit Sonnenstrom. Von dort zieht der Kubus mit neuer Kunst und nachhaltiger Stromversorgung weiter.

Nach zehn Jahren arbeitet der Künstler zum ersten Mal mit einem richtig großen Leuchtkasten im öffentlichen Raum. „Das ist eine ganz andere Dimension“, sagt er. Fast zwei Meter hoch, sind im donumenta ART LAB on the Move auf Platten gedruckte, fotografisch generierte Architekturfragmente Schicht für Schicht hinter- und nebeneinander angeordnet.

Jeder erkennt bekannte Architektur

Hinterleuchtet zieht Space Shifter bereits während der Dämmerung und umso mehr nach Sonnenuntergang die Blicke von Flaneuren, Gassi-Geherinnen und Heimkehrenden auf sich. Jeder, der stehenbleibt und sich in das leuchtende Werk vertieft, erkennt etwas, was ihm bekannt vorkommt. Das ist faszinierend. Alexander Rosol erklärt es so: „Das liegt daran, dass ich mich auf den Aspekt der Austauschbarkeit urbaner Räume beziehe.“

Strom von der Sonne

Der Strom für das mobile ART LAB on the Move kommt ab jetzt von der autarken PV-Anlage auf dem Dach des Kunstkubus. Die Idee dazu gibt es schon länger. Jetzt fand sich ein Sponsor, mit dem der donumenta e.V. die ökologisch nachhaltige Stromversorgung realisiert hat. Peter Kropmeier, Geschäftsführer der Firma e-pn, erkannte die Chance für sich selbst und den Kunstverein. Er übernahm die Kosten der gesamten Anlage, die jetzt ausreichend Strom liefert für die Beleuchtung des Kunstwerks Alexander Rosols in den Abendstunden.

Im Abendlicht: Kuratorin Regina Hellwig-Schmid, Sposor Peter Kropmeier, Space Shifter und Küntler Alexander Rosol (Fotos: Julia Weigl-Wagner)

#donumenta – Im Strudel der Erkenntnis

„Und es bewegt sich doch etwas, in der kunstvoll gestalteten gläsernen Scheibe der gefragten Videokünstlerin Betty Mü.“ – Das war die überwältigende Erkenntnis gestern bei der Ausstellungseröffnung des donumenta ART LAB on the Move im Atelier am Wiedfang in Regensburg.

Inspirierend, mutig und voller Leben – so sind die Werke der international gefragten Videokünstlerin Betty Mü. Besucher*innen können sich an zwei Orten in die außergewöhnliche Kunst der Münchnerin vertiefen: Im Atelier Am Wiedfang zeigt die Künstlerin Werke aus Glas, die mittels Handy-App ihr schillerndes Eigenleben entwickelt. Für die Fassade des Historischen Museums bearbeitete Mü die Figuren aus einem historischen Gemälde als Videomapping: „Inside / Out – Liebe, Frieden, Gerechtigkeit, Stärke, Weisheit“. Eröffnung am Wiedfang ist am 3. April um 19.00 Uhr – Finissage am 30. April mit Vortrag der Künstlerin.

Ausstellungseröffnung mit Kulturreferent Wolfgang Dersch, Stadt Regensburg, Betty Mü (l.) und donumenta Vorsitzende Regina Hellwig-Schmid (Fotos: Julia Weigl-Wagner)

Vortex – eine hypnotische Erzählung

Vortex (Strudel) – so nennt Betty Mü die kreisrunden Glasscheiben, die abstrakte und surreale Motive zeigen. Die Rauminstallation im Atelier am Wiedfang erinnert an große Kaleidoskope im Raum, die das Licht reflektieren und sich um die eigene Achse drehen.  

Mittels einer App lässt Betty Mü die Oberflächen ihrer Vortex-Scheiben mit bewegten Bildern verschmelzen. Wer von Betty Mü entwickelte App diese auf seinem Handy installiert und auf die Vortex-Scheibe richtet, gerät in den Strudel einer hypnotischen Erzählung.

Per App animierte Vortex-Scheibe der Video-Künstlerin Betty Mü mit im Bild Betty Mü und die künstlerische Leiterin des donumenta e.V. regina Helwig-Schmid. (Video Julia weigl-Wagner)

Die Künstlerin Betty Mü

BETTY MÜ gilt international als eine der gefragtesten Medienkünstlerinnen. Sie schlägt Brücken zwischen digitalen und analogen Ausdrucksformen. Sie integriert Techniken wie AI und VR. Betty Mü realisiert Projekte für öffentliche und private Auftraggeber wie BMW, SAP,

Pinakothek der Moderne, Basel World sowie Kunstprojekte in Italien, USA und Mexiko.

Ihre immersiven Installationen zeigte sie u. a. am Lichtfest in Leipzig, dem Festival of Lights in Berlin und dem BLINK Festival in Cincinnati, USA.

JW2/04.04.2025

#donumenta – Betty Mü setzt Frauen aus historischem Gemälde in Bewegung

Am Internationalen Frauentag 2025 war Uraufführung des Video-Mappings „INSIDE/OUT – LIEBE, FRIEDEN, GERECHTIGKEIT, STÄRKE, WEISHEIT“ von Betty Mü. Auf Einladung des donumenta e.V. bearbeitete die gefragte Video-Künstlerin die Frauenfiguren aus einem Gemälde Isaac Schwendners von 1592, das im Alten Rathaus in Regensburg hängt. Die fünf Tugenden, die auf dem historischen Gemälde dargestellt sind, versetzte die Künstlerin mittels KI in Bewegung. Mittels Rückprojektion wurden die so bearbeiteten und animierten Figuren in den Fenstern des Museums sichtbar – Eine großartige Begegnung. Weitere Termine: 3.-30. April 2025 jeweils nach Einbruch der Dunkelheit bis 23.00 Uhr. 

Links das Original des Malers Isaac Schwendner, rechts die Bearbeitung der Video-Künstlerin Betty Mü. (Montage donumenta e.V., Beitragsfoto Stefan Effenhauser)

#donumenta – Zeichnen mit Roboterarm

Der renommierten Patrick Tresset und seine Zeichen-Maschinen sind Gast des donumenta e.V. in Regensburg. Für die Inszenierung des französisch-belgischen Künstlers hatte sich Kuratorin Regina Hellwig-Schmid einen Raum gewünscht, in den man „von außen hineinschauen kann“. Jetzt können Groß und Klein ihre Nase am Schaufenster des Pop up-Raumes des Degginger in der Tändlergasse 18 plattdrücken und zusehen wie Kameraaugen rotieren, fokussieren und wie sich Roboterarme zeichnend über zweieinhalb Stunden auf Zeichenkarton bewegen. Allmählich entsteht so ein Tableau aus Roboterzeichnungen mit signaturähnlichem Strich in der linken unteren Ecke. Tressets Arbeiten sind auf der ganzen Welt zu sehen, darunter im Centre Pompidou in Paris, in der Tate Modern in London oder im Mori Museum in Tokyo.

Was das Kameraauge sieh
Auf drei historischen Zeichentischen ruhen die Apparaturen aus Roboterarmen und Kameraaugen. Vor weißen Wänden sind Tierpräparate aus dem Naturkundemuseum Ostbayern arrangiert: Reh, Eule, Biber, Eichhörnchen, Fuchs, Pfau, Iltis und Krähe. In der Mitte der Inszenierung ist ein memento mori aus Spielzeugrobotern, Totenköpfen und einer Muschel zu sehen. Die Tierpräparate stehen in dieser Inszenierung für Natur und Vergänglichkeit, während sie anmutig und spielerisch auf die Technik treffen.

Distanz zur Emotion 
Mit seinen Zeichenmaschinen ahmt Tresset menschliche Fähigkeiten nach. Die Faszination des Künstlers für Computer begann bereits im Alter von neun Jahren. Überwältigt von Spontaneität und emotionalen Momenten des künstlerischen Schaffens, wechselte er nach seinem Kunststudium am Goldsmith-College in London zum Technikstudium in das Department of Media. Für mehr Distanz zum eigenen Malprozess entwickelt er seit mehr als 20 Jahren Zeichenroboter.

„Der Roboter zeichnet einfach weiter, was er sieht“, sagt Tresset und lässt sich durch Spontaneität und Emotion nicht aus dem Konzept bringen. Das ist die Motivation, die Tresset dazu brachte das Zeichnen an den Roboter zu delegieren und ihm seinen eigenen Zeichenstil einzuprogrammieren. Heute verfolgt der Künstler mit großem Interesse, wie Menschen reagieren, wenn sie dem Roboter beim Zeichnen zusehen und die so erzeugten Werke später an der Wand betrachten. Als Regisseur, Dramaturg und technischer Mastermind seiner theatralischen Inszenierung bestimmt er das Geschehen zwischen den Zeichenrobotern und den Modellen. Seine Installationen zeigen einen möglichen Weg, die Technik zu beherrschen und sie konstruktiv einzusetzen.
#donumenta – Zeichnen mit Roboterarm
Der renommierten Patrick Tresset und seine Zeichen-Maschinen sind Gast des donumenta e.V. in Regensburg. Für die Inszenierung des französisch-belgischen Künstlers hatte sich Kuratorin Regina Hellwig-Schmid einen Raum gewünscht, in den man „von außen hineinschauen kann“. Jetzt können Groß und Klein ihre Nase am Schaufenster des Pop up-Raumes des Degginger in der Tändlergasse 18 plattdrücken und zusehen wie Kameraaugen rotieren, fokussieren und wie sich Roboterarme zeichnend über zweieinhalb Stunden auf Zeichenkarton bewegen. Allmählich entsteht so ein Tableau aus Roboterzeichnungen mit signaturähnlichem Strich in der linken unteren Ecke. Tressets Arbeiten sind auf der ganzen Welt zu sehen, darunter im Centre Pompidou in Paris, in der Tate Modern in London oder im Mori Museum in Tokyo.

Was das Kameraauge sieht
Auf drei historischen Zeichentischen ruhen die Apparaturen aus Roboterarmen und Kameraaugen. Vor weißen Wänden sind Tierpräparate aus dem Naturkundemuseum Ostbayern arrangiert: Reh, Eule, Biber, Eichhörnchen, Fuchs, Pfau, Iltis und Krähe. In der Mitte der Inszenierung ist ein memento mori aus Spielzeugrobotern, Totenköpfen und einer Muschel zu sehen. Die Tierpräparate stehen in dieser Inszenierung für Natur und Vergänglichkeit, während sie anmutig und spielerisch auf die Technik treffen.

Distanz zur Emotion 
Mit seinen Zeichenmaschinen ahmt Tresset menschliche Fähigkeiten nach. Die Faszination des Künstlers für Computer begann bereits im Alter von neun Jahren. Überwältigt von Spontaneität und emotionalen Momenten des künstlerischen Schaffens, wechselte er nach seinem Kunststudium am Goldsmith-College in London zum Technikstudium in das Department of Media. Für mehr Distanz zum eigenen Malprozess entwickelt er seit mehr als 20 Jahren Zeichenroboter.

„Der Roboter zeichnet einfach weiter, was er sieht“, sagt Tresset und lässt sich durch Spontaneität und Emotion nicht aus dem Konzept bringen. Das ist die Motivation, die Tresset dazu brachte das Zeichnen an den Roboter zu delegieren und ihm seinen eigenen Zeichenstil einzuprogrammieren. Heute verfolgt der Künstler mit großem Interesse, wie Menschen reagieren, wenn sie dem Roboter beim Zeichnen zusehen und die so erzeugten Werke später an der Wand betrachten. Als Regisseur, Dramaturg und technischer Mastermind seiner theatralischen Inszenierung bestimmt er das Geschehen zwischen den Zeichenrobotern und den Modellen. Seine Installationen zeigen einen möglichen Weg, die Technik zu beherrschen und sie konstruktiv einzusetzen.


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Patrick Tresset: Tableau aus Roboterzeichnungen
Information: Ausstellungszeitraum: 5.-30. Juni 2024, Mi-So, 14.00 – 19.00 Uhr, Pop up-Raum, Degginger, Tändlergasse 18, Regensburg Matinee & Podium mit Ausstellung der computergenerierten Zeichnungen von Patrick Tresset:
21. Juli 2024, 11.00 – 13.00 Uhr mit
Wouter Wahl (Leiter Naturkundemuseum Ostbayern),
Barbara Sophie-Höcherl (Künstlerin),
Elisabeth Peterlik (Künstlerin).
Moderation: Regina Hellwig-Schmid
Ort: Naturkundemuseum Ostbayern, Am Prebrunntor 4, 93047 Regensburg.

#donumenta – Kunst im gläsernen Container

„Wir bringen Kunst zu den Menschen.“ Mit dem Projekt „donumenta ART LAB on the Move“ bringt der donumenta e.V. Kunst an Orte, an denen kulturelle Angebote fehlen. In Königswiesen startet er mit dem Werk der Dresdner Künstlerin Patricia Westerholz – zur Freude der ganzen Nachbarschaft. – Jeden Samstag von 11 bis 13 Uhr lädt der Verein mit Brezen und Kaffee zum Gespräch.
 
Am Freitag war die Skulptur „Thinking like a Mountain“ im Beisein von Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer gefeiert worden. Maltz-Schwarzfischer lobte das Engagement des donumenta e.V. außerhalb der Altstadt. Christian Janele, Stadtrat, Immobilienmakler und Vertreter der Eigentümergemeinschaft am Theodor-Heuss-Platz, erinnerte daran, dass der Platz bis vor Kurzem als Parkplatz genutzt wurde. Kunst schlage Brücken zu Menschen unterschiedlicher Herkunft, bedankte er sich bei der Künstlerin Patricia Westerholz.

Kunst außerhalb der Altstadt
Regina Hellwig-Schmid, Vorsitzende und Kuratorin des donumenta e.V., freute sich über die Gastfreundschaft am Theodor-Heuss-Platz. Für sie gebe es nichts Schöneres als mit der Kunst an Orten zusammenzukommen, an denen man sonst aneinander vorbei gehe.
Seit „Thinking like a Mountain“ aufgebaut ist, streift kaum jemand ohne neugierige und fragende Blicke an dem quaderförmigen Kunstraum mitten auf dem Platz. Nachts leuchtet der gläserne Container verführerisch.

Geheimnisvolle Strukturen
Die gebürtige Landshuterin Patricia Westerholz machte sich mit Kunst im öffentlichen Raum einen Namen. Ihr Material ist der Papierstapel, in den sie hinein- und aus dem sie herausschneidet.

Skulptur von Patricia Westerholz

So entstehen geheimnisvolle Strukturen aus Schatten und Licht. Patricia Westerholz schafft dreidimensionale Objekte, die Glücksgefühle hervorrufen, wenn man sich in sie hineindenkt und immer mehr erkennt. Im öffentlichen Raum des Theodor-Heuss-Platzes in Regensburg sind es Buchstaben, die in dicke Platten geschnitten und in der Tiefe der gläsernen Box strahlenförmig angeordnet sind. Wer genau hinschaut, erkennt in diesem kunstvollen Arrangement aus Cutouts Buchstaben und liest den Titel des Werks – „Thinking like a Mountain“. Die Künstlerin erklärt ihre Inspiration so: Der amerikanische Förster und Wissenschaftler Aldo Leopold prägte die Idee, wie ein Berg zu denken und damit einen ganzheitlichen Blick auf die Umwelt zu lenken. Abgesehen davon assoziierte Westerholz die Bergmetapher beim Anblick Königswiesens hoch über der Domstadt.

Treffpunkt Kunst: Der donumenta e.V. lädt zu Kaffee, Brezen und zum Gespräch.


Bauernmarkt und barrierefreie Bushaltestelle
Die Skulptur erregt die Aufmerksamkeit der Königswiesener Nachbarschaft um den Theodor-Heuss-Platz, die in Einfamilien-, Reihen-, größeren Mietshäusern oder Senioreneinrichtungen lebt. Bei Kaffee oder Tee wird erzählt, wie es sich so lebt in Königswiesen Süd, dass ein Bauernmarkt schön wäre zwischen den Linden auf der einen und dem Hegenauer Park auf der anderen Seite. Dass es Bänke zum Ausruhen bräuchte, der Brunnen wieder fließen sollte und die Bushaltestelle barrierefrei besser wäre.

Samstagstreffen: 11:00 – 13:00 Uhr: 11.5., 18.5., 25.5., 1.6., 8.6.,15.6., 22.6.
Ausstellungszeitraum: 04.05.2024 – 23.06.2024

Medienkunst: Barbara Herold verführt digital

Als wären es Geschichten aus 1001 Nacht, pulsieren die aus unendlich vielen Farbflächen zusammengesetzten Teile von Blüten über die Fliesen der ehemaligen Unterführung am Hauptbahnhof in Regensburg. „Transcendent Echoes of Transcendent Realms“ nennt Barbara Herold ihre Augmented Reality Installation im donumenta ART LAB Gleis 1. Für die digitale Rauminstallation der Medienkünstlerin ist die 60 Meer lange ehemalige Bahnhofsunterführung, der Ausstellungsraum des donumenta e.V. in Regensburg, ein idealer Raum.

Herold kennt die wirkungsvollen Methoden der Verführung zwischen realer und digitaler Welt. Magisch wirkt ihre Augmented Reality Installation mit den sich endlos wiederholenden Bewegungen und Farben. Wer noch weiter hineintauchen möchte in dieses Gefühl von Schwerelosigkeit, lädt die App (QR-Code am Eingang in die Ausstellung) auf sein Smartphone und holt sich so Barbara Herolds Welt immer wieder in die eigene, phantastisch und verführerisch.

Außer in Regensburg waren Arbeiten der Medienkünstlerin Barbara Herold in diesem Jahr auf der resetNOW, der 6. Biennale der Künstlerinnen im Haus der Kunst in München ebenso vertreten wie auf der SaarART, dem Laboratorium des Instituts für Aktuelle Kunst in Saarlouis.

Nur noch bis 29. Oktober, Mi – So, 14 – 19 Uhr im donumenta ART LAB Gleis 1, Hauptbahnhof Regensburg

weitere Infos unter: http://www.donumenta.de

„echo on survival“ – Unter der Erde ist Leben / Interview mit Barbara Sophie Höcherl

Im donumenta ART LAB Gleis 1, inszeniert Barbara Sophie Höcherl bis zum 3. Oktober 2021 das Unscheinbare. Ihre Installationen in der Ausstellung „Echo on Survival“ sind inspiriert von der Natur. 

In diesen Arbeiten unterzieht die Künstlerin ihr Material einer Analyse, untersucht seinen Charakter und prüft Möglichkeiten der Ausarbeitung und Inszenierung. Es ist ein Spiel mit der Balance zwischen organischen und anorganischen Elementen, Naturstoffen und Materialien der Konsumgesellschaft. 

Mit ihren Arbeiten kommentiert Barbara Sophie Höcherl nicht zuletzt die eigene Biografie. Bevor sie an der Westböhmischen Universität Kunst studierte, hatte sie Staudengärtnerin gelernt. Im Interview erzählt Barbara Sophie Höcherl von natürlichen Prozessen und davon wie wichtig es ihr ist, die Natur zu verstehen. 

Zunächst eine grundsätzliche und vielleicht auch schwierige Frage, liebe Barbara Sophie Höcherl. Was treibt Dich an? Wie entstehen Deine Skulpturen?

Mein Antrieb ist die Natur. Da kommt alles her und dahin geht alles zurück. Ich denke in Kreisläufen und weiß als Staudengärtnerin relativ viel über Pflanzen. Die Natur gibt mir Halt, auch als bildende Künstlerin. Es hat ein bisschen gedauert, aber heute behaupte ich, um Natur dreht sich alles. Dann stellt sich für mich die Frage, wie kann ich das formulieren? Wie kann ich das ausdrücken? 

Ich bin verrückt nach Material – Material, das ich vorfinde, Material, das von Menschen gemacht ist und Material, das ich selbst herstellen kann. Meine Arbeiten sind oft fragil, weil sie aus Naturmaterialien bestehen. Sie sind nicht für die Ewigkeit, verändern sich, und gehen vielleicht irgendwann kaputt, weil das Material Schwächen hat und – wie Schaumstoff – keine UV-Beständigkeit. Schaumstoff ist ein gutes Beispiel für einen Stoff, der massenweise vorkommt. Wir liegen und sitzen darauf. Aber wir sehen ihn nicht, weil er immer überdeckt ist. Und in dem Moment, in dem wir Schaumstoff wahrnehmen, ist der Bezug aufgerissen und das Ding, in dem er verarbeitet wurde, muss weg, wird im besten Fall recycelt. In dem Moment, in dem es für andere wertlos ist, wird es für mich interessant. Dann benutze ich es und schaffe daraus einen neuen Wert. Ich zerschneide und untersuche es, dann wird es immer recht systematisch.  

Wie näherst Du Dich dem Material, das Du für Deine Skulpturen benutzt?

Ich frage mich, mit welcher Technik ich das Material verarbeiten kann. Was ist möglich, zum Beispiel mit einem Kirschlorbeerblatt oder einem Seerosenblatt? Ich kann beide nähen, das eine problemlos mit der Maschine, das andere muss ich im frischen Zustand nähen, weil es sonst zerbricht. 

Seit vielen Jahren arbeite ich mit Naturpigmenten. Ich koche Pflanzen mit Essig ein und arbeite mit den so gewonnenen Farben. Sie faszinieren mich. Wenn man eine Blüte vor sich hat, kann man nicht unbedingt sagen, welche Farbe das wird. Und das findet jetzt eben in „Pieces of Babylon“ in der Ausstellung im donumenta ART LAB Gleis 1 seine Entsprechung. 

Da präsentierst Du Schichten von Farben und nennst dieses Werk „Pieces of Babylon“. 

Pflanzengefärbtes Wasser – „Pieces of Babylon“ (Foto: Alexander Rosol)

Das ist die Arbeit in den transparenten Kunststoffkästen. Man kann aus diesen Kästen einen Turm bauen, der aus Versatzstücken aus der Natur besteht, die im Endeffekt nur noch einen Code ihrer früheren Form in sich tragen.

Mir geht es ganz allgemein um eine verstärkte Wahrnehmung: Wie kann ich Natur neu wahrnehmen und besser mit ihr umgehen. Und mit meinen Arbeiten vielleicht auch die Aufmerksamkeit auf Diskrepanzen richten. Vieles ist irreparabel zerstört. Wir können nicht mehr zurück, wir können nur noch vorwärts. Das erfordert für die Zukunft auch neue Sichtweisen. 

Was ist am donumenta ART LAB Gleis 1 so interessant, um diese Sichtweise zu vermitteln?

Dass sich der Raum unter der Erde befindet und im botanischen Sinn somit etwas Ursprüngliches hat. Unter der Erde passiert das Elementare – Wachsen und Vergehen. Man ist im ART LAB von einer Geräuschkulisse umgeben, die irgendwie surreal und wie gefiltert wirkt. In der Ausstellung geht es auch darum, den Ausstellungsraum bewusst wahrzunehmen und sich klarzumachen, wo er sich befindet.

Was verbindest Du mit dem Titel Deiner Ausstellung „Echo on Survival“?

Echo ist Widerhall und eben auch Rückmeldung oder Antwort. Ein Echo hat aber auch etwas Verzerrtes, es ist eine in sich instabile Form.

Und „Survival“? Es geht im Endeffekt um Kreisläufe in der Natur und vor allem darum wie wir sie unter den momentanen Gegebenheiten aufrechterhalten können. Ich bin der Meinung, wir müssen neu lernen, Pflanzen zu beachten, zu sehen und von ihnen zu lernen.

Und dazu leistest Du mit der Ausstellung „Echo on Survival“ einen sehr sinnlichen Beitrag. 

Meine Ausstellung will Menschen in einen Gefühlszustand versetzen, sie für die Wahrnehmung von Natur sensibilisieren. Ich glaube wir leben in einer Zeit, in der wahnsinnig viel verloren geht, vielleicht unwiederbringlich. 

Es geht darum, Neues zu erlernen, einen neuen Blick auf die Dinge zu erhalten. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass Bäume anscheinend vor allem nachts wachsen. Ich finde es wahnsinnig spannend, wie viele neue Erkenntnisse uns die Wissenschaft mittlerweile liefert. Da gibt es so viel, was buchstäblich noch im Dunkel liegt.

Was ich damit sagen will: Hey, es ist so ein fantastischer Planet. Let’s do it!

Danke Barbara Sophie für dieses Gespräch.

Über das Denken in elliptischen Bahnen – Interview mit Notburga Karl

Die Bildhauerin Notburga Karl ist bekannt für ihre Kunstprojekte im öffentlichen Raum. Anlässlich des 450. Geburtstag des Mathematikers und Astromonem Johannes Kepler widmet die Künstlerin ihre Ausstellung „K wie …“ der Ellipse. Schließlich steht im ersten der Kleplerschen Gesetze, dass sich die Planeten nicht in regelmäßigen Kreisbahnen um die Planeten bewegen, sondern in Ellipsen. Im Interview erklärt Notburga Karl, warum die Ellipse so wichtig ist und wer sich in Kunst und Philosophie sonst auf die Ellipse bezogen hat. Notburga Karls Ausstellung ist noch bis zum 22. August 2021 im donumenta ART LAB Gleis 1 am Hauptbahnhof Regensburg zu sehen.

Herzlich Willkommen, Notburga Karl, zu diesem Interview anlässlich der Ausstellung  „K wie …“. Was bedeutet „K wie Kontingenz“? – So hattest Du ursprünglich getitelt.

K wie Kontingenz, K wie Karl – das bin ich, K wie Johannes Kepler – das ist der Astronom und Mathematiker auf den ich mich in dieser Ausstellung beziehe, K wie Kounellis, das ist mein Arte Povera Prof., es gibt so viele Ks, K wie Klaus, K wie Körperlichkeit und Krise, K wie Konzept, K wie Kunst und Kosmos, wie kaputt, wie Katastrophe, Katapult, wie Konsumkritik … Ich könnte diese Reihe unendlich fortsetzen. Kontingenz: Das ist eine Möglichkeit und gleichzeitige Nichtnotwendigkeit. Für mich als Künstlerin hat Keplers physikalischer Begriff der kosmischen Leere auch eine poetische Dimension.

Was fasziniert Dich als Künstlerin an dem Astronomen und Mathematiker Johannes Kepler?

Kepler ist ja ein unglaublich bedeutender Wissenschaftler, der sehr viel prägendes Gedankengut hinterlassen hat. Ein Wissenschaftler denkt aufgrund seiner Forschungsaufgabe anders als ein Künstler, wobei sich beide auch wieder sehr nah kommen können. Auch ein Wissenschaftler wie Kepler war, ähnlich wie ein Künstler, auf seine Intuition und Imaginationskraft angewiesen.

Ganz konkret: Vor Kepler lag Tycho Brahes Daten-Material, das seinem gesamten angestammten Weltbild widersprach. Er hatte ja vorher über die Harmonie der Welt geschrieben. Es muss ihm wie ein Frevel an diesem Weltbild vorgekommen sein, in seinen Gesetzen die Kreisform zu verlassen und stattdessen konsequent zu formulieren: Die Planeten kreisen in elliptischen Bahnen um die Sonne. Deshalb ist er auch so einschlägig geworden. Verbrannt wurde er dafür nicht mehr.

Wie kam es dazu, dass Du Dich mit ihm beschäftigst?

Ich fand es interessant, dass sich auch Aby Warburg explizit auf die Ellipse bezieht. Dieser Kunst- und Kulturwissenschaftler, der mich eine Zeitlang beschäftigte, hat in seine Hamburger Bibliothek diese Ellipse hineingebaut. Für mich als Künstlerin ist die Ellipse deshalb so wichtig, weil es die Form ist, in der der statische Kreis Fahrt aufnimmt. Die Ellipse steht für das Aufbrechen von gefestigten, zu schön gewordenen Formen. Das macht die Ellipse zu einem starken Symbol. Warburgs Bibliothek mit ihrem elliptischen Grundriss ist nicht nur ein Ort der abgestellten Bücher, sondern auch ein Denkort oder aus künstlerischer Sicht sein geistiges Atelier, in dem verschiedene Denk- und Handlungsformen praktiziert werden. Bekannt geworden ist Aby Warburg auch durch seinen Mnemosyne-Atlas, der zum Methodenprogramm der Bildwissenschaft avanciert ist. Ein Bild ist kein fixes Lehrstück, sondern Ausdruck eines dynamischen Denkens und Wahr Nehmens. Kennst Du die Geschichte, dass er – der erstgeborene Bankhaus-Sohn – auf sein Erbe verzichtete, aber dafür von seinem Bruder jedes Buch bekam, das er wollte? Falls es nicht stimmt, mag ich den Mythos. Er orientiert.

Schöne Geschichte, die gefällt mir auch.

Eine weitere freudige Entdeckung an Kepler: Er hat sich auch mit Optik beschäftigt, mit der Brechkraft von Linsen, mit Ein- und Zweiäugigkeit. Und da haben wir sie wieder, die Ellipse, dieses Rausschieben auf einen zweiten Mittelpunkt, das Ambivalente. Dynamisch gesehen ist Ambivalenz wunderbar. Sie impliziert das Abwägen und Anpassen an Situationen. – Diese in Bewegung geratene Perspektive appelliert an meinen – K wie konzeptionellen Kunstansatz.  

Auch Marcel Duchamp hat sich dezidiert mit Optik beschäftigt. Da gibt es wunderbare Werke, zum Beispiel die Roto Reliefs mit einem umfunktionierten Plattenspieler. Er hat sich einschlägige wissenschaftliche Informationen beschafft und seine Notizzettel – als Gedankenspuren – in der so genannten Weißen Schachtel zum Kunstwerk erklärt. Ein dichter mentaler Denkraum, diese Zettelboxen – es gibt mehr davon. In diesen Denkkästchen hinterlässt er ein Denken in relativen Bezügen, in dem sich der frühneuzeitliche Rationalismus à la René Decartes auflöst und damit die Dominanz einer einäugigen Perspektive. Das Machtvolle dieser einäugigen Perspektive ist ja bekannt – das reicht ja bis zu Schussbahnen – nicht nur die der Fotografie. Das Bipolare der Ellipse löst auch den statischen Kreis auf. Auch Aby Warburg hat sich sehr mit dem Bipolaren beschäftigt und Kepler übrigens als den ersten modernen Denker herausgestellt. Das sind die Denkstränge, die mich interessieren, und sie verknoten sich für mich mit Kepler wunderbar. – So kann ich trotz all der schweren Thematik mit einem humanistischen Weltbild flirten.

Wenn ich die Ellipse als Kreis setze, der Fahrt aufgenommen hat, dann ist da auch das Elastische drin, das Geschmeidige. Das ist für mich als Bildhauern wichtig. Man denkt, in der Bildhauerei gäbe es fixe Kanten und Grenzen. Das ist nicht so. Die Frage ist, wie ein Körper erfahrbar wird, der in seinen Grenzen einen Spielraum hat. Bei Kepler, da bewege ich mich an der Grenze zwischen einer Wissenschaftlerin und einer Künstlerin und befinde mich in einer Zeit, in der sich das Denken bricht. Kepler ist ein gutes Beispiel dafür, wie viel Mühe es kostet und wie lange das dauert, bis neues Denken, Umdenken gelingt.

Können wir die Form der Ellipse als Metapher nutzen, um uns aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen, umzudenken?

Warum nicht? Umdenken dauert, es macht Mühe und geht nicht so schnell. Da hängt Schwerkraft drin. Wir sehen das aktuell im Zusammenhang mit dem Umweltschutz oder der Klimadebatte. Man ist ja immer wieder verwundert, wie lange so etwas dauert. Auch wenn die Evidenzen da sind. Das Handeln muss von bestehenden Zusammenhängen entkoppelt werden. Dazu braucht es Mut. Sich selbst bipolar zu betrachten, hilft.

Es ist einfacher Ideale zu haben und schwieriger eine Ellipse auszuhalten. Die perfekte Form ist vielleicht ein Grundbedürfnis, obwohl es sie in der Natur nirgends gibt. Kepler ist eine Übung in Ernüchterung. Das ist ein sehr versöhnlicher Ansatz. Man kann sich total für die Ellipse begeistern. Der absolute Kreis kommt auch ohne uns aus. Das hat auch Warburg so fasziniert an dieser Denkform, die in Bewegung bleibt und auch nie zur Ruhe kommt. Der Anfang ist die Bewegung und nicht der Stillstand. Möglicherweise – um das ganze medial zu hinterfragen – sind statische Bilder verantwortlich für ein statisches Weltbild.

Der Astronom und Himmelsforscher im donumenta ART LAB Gleis 1 der ehemaligen Fußgängerunterführung am Hauptbahnhof? Warum passt Deine Installation in diesen ungewöhnlichen Kunstraum?

Was im Tunnel angelegt ist, ist – konzeptuell gesehen – ein Fernrohr. Und dann ist da – im Querschnitt – eine halbe Ellipse. Ich bin von meinem Grundverständnis her eine Bildhauerin und deshalb brauche ich etwas, was mich hinauskatapultiert aus dieser Röhre. Ich bin fündig geworden bei einem ausgebrannten Auto. Das Verbrennen und das Verglühen eines Sternes waren mir in den Sinn gekommen. Dieses ausgebrannte Auto ist jetzt das Gefährt, wie ein Platzhalter. Konzeptuelle Kunst hat ja ein intrinsisches Darstellungsproblem. Dagegen kann sich vom Gefährt aus nun etwas Widerständiges entwickeln, um nicht in meinem Fernrohr oder in der Projektion in die Ferne verloren zu gehen. Es ist ein Platzhalter, ein Unort, eine raum-zeitliche Setzung, ähnlich einem Modell, um daraus etwas zu entwickeln. Die extreme Tiefe des Tunnels ist auch spannend. Man kann über Tiefenabstände arbeiten. Ich verfolge im Tunnel tatsächlich einen sehr bildhauerischen Ansatz. Ich arbeite mit etwas sehr Handfestem, mit Ton. Das rudimentär Unspektakuläre finde ich faszinierend und versuche meine Idee sehr bildhauerisch handwerklich umzusetzen. Ton ist ein tolles Material und die Ellipse spielt ihre Rolle in einer künstlerisch transformierten Form.

Dann die Überlegung: Meteoriteneinschläge – von anderen Sternen liegen Gesteinspartikel auf der Erde herum. Sterne sind so wahnsinnig weit weg und immer ein Bild für etwas Großes, das so klein werden kann wie Meteoritenreste, die irgendwo eingeschlagen sind. Es gibt Forscher, die Sternoberflächen in Geräusche umwandeln. Das Darstellungsproblem Stern – als Konzeptkünstlerin interessiert mich die Darstellung. Auf was kann ich zurückgreifen? Wann geht etwas verloren? Wie kann ich etwas hinzugewinnen?

Es ist auch eine Kritik an der Repräsentation, weil es Phänomene gibt, die sich nicht einfangen lassen.

Die Ausstellung im donumenta ART LAB Gleis 1 wird auch von der Haptik leben, vom sich Herantasten, vom Ausloten.

Was wünschst Du Kepler zum Geburtstag?

Dass er in Erinnerung bleibt – über Jahreszahlen und Gedenktafeln hinaus.  

Vielen Dank für dieses Gespräch, Notburga.

Das Interview führte Julia Weigl-Wagner am 19.06.2021

Foto: Parabelle – Installation von Notburga Karl im Kepler-Denkmal in Regensburg (Foto: Anatol Schmid)

Die kinetischen Dystopien der Catharina Szonn – Interview

Catharina Szonn studierte in Offenbach, Reykjavik Wien Malerei. Ihr Credo: Die Grenzen zu philosophischen Themen, Text und Sprache sind fließend und „Material ist Farbe“. Wenn die Künstlerin nicht gerade an ihren kinetischen Dystopien arbeitet, beschäftigt sie sich mit Texten.

In ihrer Kunst setzt sich Catharina Szonn mit Wirtschaft, Technik und Gesellschaft auseinander. Sie fragt: „Was wäre, wenn die Welt bereits nicht mehr zu retten wäre?“ – Indem sie so tut als würde sie die Zukunft zeigen, entdecken die Betrachter*innen ihrer rotierenden Werke, dass die Zukunft längst Gegenwart geworden ist.

Die Regensburger Schau „High Noon“ ist nach zahlreichen Gruppenausstellungen die dritte Einzelausstellung der Frankfurter Künstlerin. Vom 26. Mai bis zum 27. Juni 2021 ist sie jeden Mittwoch von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr im donumenta ART LAB Gleis 1 am Hauptbahnhof Regensburg zu sehen.

Catharina Szonn ist Künstlerin aus Frankfurt am Main. In ihrer Regensburger Ausstellung "High Noon" im donumenta ART LAB Gleis 1 zeigt sie kinetische Dystopien.
Vom 21. Mai bis zum 27. Juni zeigt die Frankfurter Künstlerin Catharina Szonn ihre Ausstellung „High Noon“ im donumenta ART LAB Gleis 1 am Hauptbahnhof Regensburg. (Fotos: Catharina Szonn)

Herzlich willkommen, Catharina Szonn, zum Interview. Du betitelst die Installation im donumenta ART LAB Gleis 1 in der ehemaligen Fußgängerunterführung am Hauptbahnhof Regensburg mit „High Noon“. Was bedeutet dieser Titel im Hinblick auf Ihre Arbeit?

Dieser Titel bezieht sich nicht unbedingt auf das Duell im gleichnamigen Western, aber man hat natürlich sofort dieses „Zwölf Uhr mittags“ im Kopf. Für mich bedeutet diese Metapher: Es ist höchste Zeit, etwas zu tun. Ist es fünf vor zwölf oder bereits fünf nach zwölf?

„High Noon“ – höchste Zeit zu handeln: auch im Bezug darauf, dass schon die nächste und übernächste Generation die Welt nicht mehr so vorfinden wird wie wir. Wenn es nicht einen Turn gibt, bekommen wir aller Voraussicht nach noch ein größeres Problem. – Daher „High Noon“ als Methaper für die dystopische Interpretation, die ich in der Ausstellung zeige.  

Deine Installation zeigt, was übrig bleibt von Wirtschaftswunder und Leistungsgesellschaft. Mit einer knallbunten dystopischen Maschinerie fragst Du Dich, was wäre, wenn die Welt heute schon nicht mehr zu retten wäre. Wie wurde dieses Thema zu Deinem Thema?

Was wäre, wenn die Welt heute schon nicht mehr zu retten wäre?Das ist sicher ein griffiger Text, der am Anfang der Konzeption meiner Regensburger Ausstellung stand. – Was ist, wenn es schon zu spät ist? Was ist, wenn kein Turn mehr möglich ist?

Im Vorfeld meiner Ausstellung beim Kunstverein Konstanz vor ein paar Monaten ist mir klar geworden, dass ich mich mehr oder weniger auf die Zeit des neoliberalen Kapitalismus beziehe. Einige meiner Objekte stammen aus den 70er und 80er Jahren. Damals begann dieses: Wenn Du es in dieser Gesellschaft nicht schaffst, dann bist Du selber schuld. Das vergegenwärtigen auch diese Objekte für mich. Diese Mensch-Maschine-Thematik ist eine Metapher für den Menschen im gesellschaftlichen Gefüge. Die Maschine ist auch eine Art performende Person. Es stellt sich die Frage nach Leistung und Wachstum. – Was bleibt übrig? Was passiert mit den Maschinen, die nicht mehr gebraucht werden? Die Maschinen aus den 70er und 80er Jahren funktionieren noch sehr gut, aber repräsentieren heute auch das Analoge in der technologischen Entwicklung.

Außerdem habe ich mich für diese Ausstellung mit anderen Zukunftsthemen beschäftigt und auch das Thema Raumfahrt verfolgt, die Landung dieses Roboters auf dem Mars. Ab 2025 soll die erste Müllabfuhr im Weltall starten. Als Astronaut*in kann man sich schon jetzt bewerben und sich so an einer weiteren Erschließung des Weltraums beteiligen. Diese Expansionsgedanken stehen dann im Gegensatz dazu, dass das Weltall ja nicht als Exitstrategie herhalten soll, sonst stehen wir dort bald vor ähnlichen Problemen wie jetzt auf der Erde. – Was ich als Künstlerin mache, ist eine poetische Verhandlung darüber, wie die Zukunft, mit allen Herausforderungen die uns bereits in der Gegenwart umgeben, aussehen könnte.

Wenn wir beide miteinander reden treffen zwei Generationen aufeinander. Du bist 1987 geboren, ein paar Jahre nachdem die Grünen zum ersten Mal in den Bundestag einzogen, ich mitten im Wirtschaftswunder. Wie lautet Deine Kritik an meiner Generation?

Mir fällt es schwer zu sagen, Du bist jetzt schuld. Es wurden Fehler gemacht und falsche Entscheidungen getroffen. Entscheidend ist für mich, dass man mit dem Wissen, das man jetzt hat, keine neuen Fehler macht. Mit aktuellen Daten, die über Jahre gesammelt wurden, kann man zum Teil bessere Prognosen stellen als vor 20 Jahren, Zukunft anders gestalten. Vielleicht muss man … ich meine, wie will man zum Beispiel aus dem Kapitalismus herauskommen? – Wenn ich eine Kritik äußern würde, würde ich fragen, wo sind wir im Hinblick auf den Klassismus heutzutage. Begriffe wie Arbeit oder Arbeitsgesellschaft sind im Wandel. Welche Personen sind mit working class gemeint? Welche Identifikation findet mit einem Begriff wie Arbeiter*innenklasse statt? Wer ist da gemeint und wer ist davon ausgeschlossen? Wie gelingt gesellschaftlicher Aufstieg und für wen?

Ich versuche meine künstlerische Arbeit auf eine poetische Art offen zu halten. Ich beobachte und kommentiere, was ich wahrnehme. Ich würde mich auch primär nicht als politische Künstlerin bezeichnen, wenngleich es nicht unpolitisch ist, was ich zeige: Wirtschaftsprozesse, Produktionsprozesse etc.

Einen Teil Deines kreativen Lebens widmest Du dem Schreiben und der Kunst-Kommunikation. Du bist Mitherausgeberin der Online-Magazine AFAIR und DER TYP. Worum geht es da?

Schreiben hat sich bei mir während des Studiums entwickelt. Mit Sarah Reva Mohr habe ich dann auch zusammen mehrere Online-Zine herausgebracht, bei denen wir Text und Bild immer wieder in einen Dialog gebracht haben. AFAIR ist als Weiterentwicklung von DER TYP zu verstehen. Schreiben ist aber eine Konstante in meiner Arbeit geblieben. In meinem Notizbuch notiere ich ziemlich viel. Zwar betreibe ich keine literarische Schreibpraxis, aber ich führe ein eigenes Gedankenbuch. Das ist für mich so eine Art Sammelsurium, aus dem ich Gedanken herausnehme und ausformuliere, Texte und Konzepte entwickle. 

Wichtig im kreativen Prozess sind außerdem Screenshots. Für „High Noon“ habe ich zum Beispiel über 500 Screenshots gesammelt, von den Atombombentests der 50er bis hin zu Reifenstoppern für LKWs, die als Material dienen können. Technisch lote ich dann aus, was geht. Durch die Screenshots nimmt meine Recherche Form an. Aus diesem Kosmos schöpfe ich dann für meine Arbeit.

Du hast in diesem Jahr ein Stipendium im Künstlerhaus Lukas in Ahrenshoop. Woran wirst Du arbeiten?

Ich hatte mich mit dem Thema „Scheitern und Versagen“ beworben. Allerdings werde ich das Thema höchstwahrscheinlich modifizieren und zum Thema Resilienz arbeiten. Auch dazu gibt es bereits einen Ordner mit Screenshots. Ich werde mich mit der Widerstandsfähigkeit und dem Durchhaltevermögen auch in „schwierigen Lebensphasen“ in Bezug auf die Mensch-Maschine-Thematik beschäftigen.

Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Julia Weigl-Wagner am 7. Mai 2021

Ist es Pflanze? Ist es Tier? – Interview mit der Künstlerin Barbara Sophie Höcherl über Budapest

Die Regensburger Künstlerin Barbara Sophie Höcherl ist gelernte Staudengärtnerin, studierte an der Westböhmischen Universität in Pilsen Illustration und Grafik und arbeitet als Förderkünstlerin in einem Atelier im Regensburger Künstlerhaus Andreas-Stadel. Mit Unterstützung des donumenta e.V. reiste sie im August 2020 als Artist in Residence nach Budapest. Im interview schildert sie wie sie die Stadt erlebt hat und welchen Akzent die ungarische Metropole auf ihre Arbeit setzte.

Barbara, Du hast zu Beginn des Jahres gesagt, es wird heiß sein im August, und ich freue mich auf die Bäder, in denen die Männer im Wasser sitzen und Schach spielen Wie war Deine Zeit in Budapest?

Es war komplett anders als ich es mir zu Beginn des Jahres vorgestellt habe. Die Ankunft in Budapest war wie erwartet sehr heiß, 37 bis 39 Grad. Die Bäder konnte ich wegen Corona nicht besuchen. Was ich ganz neu wiederentdeckt habe, war die Donau. Ich bin gleich am ersten Tag dort hin und habe ganz viel Herzlichkeit zu ihr entwickelt. Sie ist so mächtig in Budapest, so weit und so groß. Es war dieses Gefühl, beheimatet zu sein in dieser Stadt durch die Donau.

Aus Regensburg kennst Du eine ganz andere Donau. In Deiner Arbeit geht es ja oft um Gegensätze, groß – klein, weit – eng, weich – solide, fragil – stabil, zerbrechlich – belastbar. Was hat Dein Künstlerinnenherz in Budapest befeuert?

Ich war viel unterwegs, bin oft schon um fünf Uhr früh aufgestanden, bin raus und war dann für ein paar Stunden unterwegs, um zu zeichnen. Danach in der Wohnung habe ich versucht, meine Eindrücke in Arbeiten umzusetzen. Das war im Großen und Ganzen mein üblicher Tagesablauf. Ich habe für meine künstlerische Arbeit auch neue Materialien entdeckt wie z.B. Mehl, Zucker, Salz, Sand, Erde oder Seife und habe einige der daraus entstandenen Arbeiten aus Budapest auch mitnehmen können. Was mich an diesem für mich neuem Herstellungsprozess besonders interessiert hat, ist die Tatsache, dass man die aus eigenständig hergestelltem Material entstandenen Objekte nicht mehr klar zuordnen kann. Ist es jetzt von Menschenhand gemacht? Ist es eine Pflanze, ein Tier? Was steckt hinter dem Produkt, das man vor sich hat? Man ist ständig ein bisschen verwirrt und wird visuell herausgefordert. Die Einordnung bzw. Verortung und Interpretation des visuellen Eindrucks muss der Betrachter selbst vornehmen.

Budapest ist in meinen Augen eine sehr kontrastreiche Stadt. Groß-laut-schön und alles bisschen „überdimensioniert“. Es ist super heiß. Es riecht nach Chlor. Budapest ist eine sehr touristische Stadt, was man beispielsweise daran erkennt, dass alles perfekt sauber ist und mit dem Dampfstrahler gereinigt wird. Man sieht sehr viele städtische Gärtner, alles ist ganz penibel angelegt und akkurat, fast ein wenig künstlich. Man muss schon ein wenig suchen um Natürlichkeit zu finden.

Was für Arbeiten sind dann noch entstanden?

Hauptsächlich Objekte, die ich dann z.B. in gefundenen Dingen oder Pflanzen präsentiert, im öffentlichen Raum installiert und anschließend fotografiert habe. Sozusagen als eigene kleine Ausstellung in einem neuen Format. Ich habe meine Arbeiten zum Beispiel auch mit Salzteig oder anderen Substanzen angereichert und direkt vor Ort gebaut, fotografiert und dann wieder abgebaut. Es waren Momentaufnahmen, kleine Installationen, draußen in den Parks.

Hast du Kontakt gefunden zu Künstlerinnen und Künstlern dort?

Es war August und einige Galerien hatten Sommerpause, einige Museen hatten aufgrund von Covid-19 ebenfalls geschlossen. Darum habe ich mich dann eher auf meine eigene Arbeit konzentriert.

Was einen Artist in Residence-Aufenthalt ausmacht ist ja, dass man dort einfach alleine ist und im Endeffekt auf sich selbst angewiesen. Ich habe versucht das positiv zu sehen, meine eigene Stärke und einen Rhythmus zu finden, und versucht mich immer wieder von Neuem zu motivieren.

Ich frage mich sowieso oft: Sind meine Arbeiten gut? Wird das was? Was mach ich da eigentlich? Panik, Panik, aber dann setze ich mich hin und arbeite und finde meinen Weg.

Wo zieht es Dich als nächstes hin?

Gerade bin ich wieder so am Ankommen. Ich koordiniere gerade einen Kulturrundgang in meinem Heimatort Falkenstein. Da bespiele ich mit Künstlern aus Regensburg und Umgebung Leerstände in alten Gebäuden, die abgerissen werden. Die Räumlichkeiten sind für Besucher unzugänglich und die Kunst nur durch Schaufenster sichtbar. Die Idee Kunst hinter Glas zu präsentieren ist im Lockdown entstanden. Es geht dabei um Arbeiten, die dem Alten huldigen und den teilweise sehr heruntergekommenen Leerständen sozusagen noch einmal die letzte Ehre erweisen. Ein schöner Kontrast zur zeitgenössischen Kunst. Das Projekt startet am 27. September, danach geht es gleich weiter mit Ausstellungen in Regensburg und Landshut.

Danke für dieses Gespräch, Barbara.

Das Gespräch führte Julia Weigl-Wagner für den donumenta e.V. am 09. September 2020.